Das Thema der Woche - Afrika und wir
01. London: Protest gegen Massaker in Südafrika
Massenversammlung. Demonstrationszug mit Plakaten und Transparenten: "End slavery in South Africa" Redner. Polizisten führen Mann ab.
(17 m)
02. Sharpeville: Polizei schießt auf schwarze Demonstranten
Farbige verbrennen ihre Ausweispapiere als Protest für Paßzwang, der nur für Farbige ausgerufen wurde. Ministerpräsident Verwoerd in Auto stehend, winkt. Streik, Verwüstungen, Redner bei Versammlungen. Schild: Afrika - Freedom in our lifetime. Verwundete und Tote liegen auf der Straße. Verhaftung von Demonstranten.
(36 m)
03. Kapstadt: 30000 Bantus demonstrieren gegen Rassentrennung
Farbige Afrikaner vor Polizeistation verlangen die Freilassung ihrer Führer.
(8 m)
04. Ein Erdteil im Umbruch
Landschaft Südafrika mit Wäldern und großem Wasserfall. Schwarze arbeiten auf dem Feld und als Viehhirten und beim Fällen hoher Urwaldbäume. Moderne Hochhäuser neben Lehmhütten. Junge hübsche farbige Mütter mit Kindern. Farbige und weiße Kinder nebeneinander auf der Schulbank und in Werkstatt. Farbige und Weiße werden in Krankenhaus behandelt. Rhodesien: Südrhodesischer Politiker wird als 1. farbiger Minister in sein Amt eingeführt.
(29 m)
05. Kongo: Selbständiger Staat
Farbiger Priester wird 1. Präsident des neuen Staates.
(4 m)
06. Vatikan: Papst Johannes XXIII. ernennt 1. schwarzen Kardinal
Der Bischof von Rutabo in Tanganjika bei Weihe zum Kardinal Laurean Rugambwa durch Papst Johannes XXIII. Priester traut junges afrikanisches Paar.
(19 m)
07. Pankow: Der Osten buhlt um die schwarze Gunst
Stammeshäuptlinge bei Fest. Tänze zu Feiern der Unabhängigkeit. Volksarmee-Soldaten präsentieren das Gewehr. Wilhelm Pieck empfängt afrikanischen Diplomaten.
(26 m)
08. Freunde von gestern - auch Freunde von morgen? Afrikanische Studenten in Deutschland
Berlin: Das Brandenburger Tor. Afrikanische Studenten als Teilnehmer eines Kongresses für katholische Studenten verlassen Reisebus. Afrikaner photographiert Gruppe. Afrikaner bei Spaziergang durch Berlin. Zeitungskiosk. Leuchtreklamen Reeperbahn. Aushänge für Nacktrevuen und Sexbilder. Junge afrikanische Studentin, groß, steht vor den Aushängen. Berlin: Erfahrungen afrikanischer Studenten in Deutschland O-Ton: "Wie sind Sie denn im allgemeinen zufrieden mit dem Fortschritt ihrer Studien?" - "Ich möchte sagen, dass ich in meiner Ausbildung gute Fortschritte gemacht habe, und dass die Professoren im allgemeinen sich um mich bemühen." Visite in Krankenhaus mit Professor und Gefolge. Afrikanischer Student zwischen den Deutschen. Untersuchung von Kranken. Afrikaner fühlt Puls. Laborarbeit. Afrikaner und Deutscher vor Reagenzgläsern. "Haben Sie Kontakt zu der deutschen Bevölkerung gefunden?" "Was das allgemeine Leben eines Afrikaners in Deutschland betrifft, muß ich leider sagen, dass es viel besser sein könnte." Afrikaner geht auf der Straße. Zwei junge Männer sehen sich nach ihm um. Afrikanischer Student bei der Wohnungssuche. Vermieterin lehnt ab und macht Tür zu. Andere Dame öffnet Tür. Afrikaner bringt Blumen. Gemeinsames Fest und gemeinsamer Tanz. Afrikaner gibt deutscher Frau Feuer. Unterhaltung. Zuprosten. "Es gibt allerlei Vorurteile und mangelhafter Kontakt, sie zu bekämpfen. Und manche geben es dann auf und versuchen ihr Glück im Osten. Jedenfalls bin ich in Berlin, wo mich meinen medizinischen Doktor machen werde, bevor ich in meine Heimat zurückkehre." Gedächtniskirche Berlin. Afrikaner im Gespräch mit freundlichem Polizisten. Junge Afrikanerin mit Sonnenbrille. "Vielleicht stehe ich eines Tages auch in einem deutschen Krankenhaus, um helfen zu können." Katholische Studentinnen und Studenten tanzen bei Kongreß Tänze ihrer Heimat. Klatschen der Zuschauer. Afrikanische Tänze mit Trommeln.
(106 m)
Afrika und Wir
Mehr als jede andere Tagesaktualität beschäftigt uns in dieser Woche das täglich heißer werdende Problem Afrika. Schwarz und Weiß oder Schwarz gegen Weiß lautet heute die Frage, die von jedem eine Antwort verlangt.
Diese Londoner Demonstranten haben sich für Schweiz und Weiß entschieden. Sie verurteilen die Rassentrennung in der Südafrikanischen Union. Sie protestieren gegen die Tötung von 90 Negern bei Zusammenstößen mit der südafrikanischen Polizei.
Angehörige der weißen Rasse - und zumeist jüngere Jahrgänge - vergießen Blut für die Freiheit ihrer schwarzen Brüder.
Ein großer Teil Südafrikas steht gegenwärtig unter dem Ausnahmezustand. Die blutigen Auseinandersetzungen begannen damit, als zahlreiche Neger aus Protest gegen den nur für Schwarze geltenden Paßzwang ihre Ausweispapiere verbrannten.
Was dem Attentat auf den Ministerpräsidenten Verwoerd vorherging, waren Wochen des Aufruhrs. Polizeiterror und Gegenterror. Oft sind es Studenten, die als Anführer der Farbigen die neue Politik Afrikas vertreten. Sie rufen den Streik aus, und der Aufruf wird fast überall befolgt.
Afrika gehört uns! Freiheit noch zu unseren Lebzeiten! Wir sind bereit, für unser Afrika zu sterben! Das sind die Parolen.
Für 90 Schwarze wurde aus dieser Parole blutiger Ernst. Bei Zusammenstößen mit Militär und Polizei erlitten sie einen gewaltsamen Tod.
"Als christliche Nation werden wir tun, was gerecht und richtig ist", sagt die Regierung, sie läßt 1500 Personen als mutmaßliche Aufwiegler verhaften.
Die Bantus antworten darauf mit dem Marsch auf Kapstadt. 30tausend Schwarze marschieren vor die Polizeistationen und fordern die Freilassung ihrer Führer. Sie wollen Freiheit, Gleichheit und nationale Unabhängigkeit.
Die Vorstellung vieler Europäer von Afrika ist auch heute noch ziemlich oberflächlich. Man denkt an mehr oder weniger erschlossenes Land, in dem Menschen mit dunkler Hautfarbe und fremdartigen Gebräuchen ein primitives Leben führen.
Tatsächlich haben die afrikanischen Völker den Weg in eine Zukunft nationaler Selbständigkeit längst angetreten, die vielleicht noch in Urwäldern zu Hause ist, wird angesichts der neuen Realitäten einer neuen Anschauung weichen müssen.
Hochhäuser neben Lehmhütten, das sind die Zeichen der stürmischen Entwicklung im schwarzen Erdteil. Für diese Entwicklung erwartet das schwarze Afrika auch in Zukunft Hilfe von der weißen Welt. Ein gemeinsamer Weg in eine gemeinsame Zukunft liegt im schwarzen wie im weißen Interesse.
Mit sicherem Instinkt für politische Realitäten haben die Engländer längst ihre Konsequenzen gezogen. Hier wird ein südrhodesischer Politiker als erster schwarzer Minister in seine Ämter eingeführt.
Zögernd folgten die Franzosen. Im französischen Kongo wurde ein farbiger Priester erster Präsident der neuen Republik.
Auch der Heilige Stuhl trägt der Entwicklung in vorausschauender Weise Rechnung. Papst Johannes XXIII. machte den Bischof von Rutabo im Tanganjika-Territorium zum Kardinal.
Kardinal Laurian Rugambwa ist der erste Neger im Heiligen Kollegium.
Das Christentum ist ein wichtiges Bollwerk gegen den wachsenden kommunistischen Einfluß in der farbigen Welt, der es nicht leicht fällt, die Einheit zwischen westlicher Zivilisation und afrikanischer Tradition zu finden. Die Autorität über mächtige Stammeshäuptlinge stellt die jungen Lenker afrikanischer Republiken oft vor schwere Probleme.
Aber die Eingeborenen kümmert das wenig, sie tanzen und singen am Jahrestag ihrer Unabhängigkeitserklärung, obwohl viele vielleicht nicht wissen, was diese Unabhängigkeit bedeutet und eines Tages noch bedeuten kann.
Manche der schwarzen Republiken leiden an einer gewissen Unsicherheit in der Außenpolitik. Wirtschaftliche Probleme sind Ursache einer Schaukelpolitik, die bald dem Westen, bald dem Osten zuneigt. Denn auch der Osten macht verlockende Angebote.
Tausende von jungen Afrikanern kommen Jahr für Jahr in die Bundesrepublik. - Hier sind es die Teilnehmer am Kongreß der katholischen Studenten in Berlin. Sie kommen mit großen Erwartungen und viel Aufgeschlossenheit, und an uns liegt es, dafür zu sorgen, daß aus Sympathie nicht Gleichgültigkeit oder gar Ablehnung wird.
Wenn hier und da über das Auftreten eines farbigen Studenten geklagt wird, sollten wir nicht vergessen, welchen Einflüssen er in unseren Großstädten ausgesetzt ist, Einflüssen, die für unverbildete Gemüter sogar zum Verhängnis werden können.
Über die Erfahrungen der afrikanischen Studenten erkundigten wir uns an der Berliner Universität.
(O - Ton)
Die Bemühungen der Professoren stehen außer Zweifel. Aber wie sieht es in diesem Fall mit der Einstellung der Patienten aus. Manche von ihnen haben ein unbegründetes Mißtrauen und manche stoßen sogar die hilfreiche Hand zurück, nur weil sie schwarz ist.
Über das Verhältnis zu den deutschen Kommilitonen haben wir kaum eine Klage gehört. In jahrelanger gemeinsamer Arbeit hat man sich achten und schätzen gelernt. Doch leider scheint man nur an der Universität zu wissen, daß der Kommilitone von heute der Partner von morgen ist. Von weiten Bevölkerungskreisen können afrikanische Studenten kaum Verständnis erwarten und was ihnen immer wieder begegnet, sind Vorurteile und kühle Distanz.
Viele beklagen sich darüber, daß sie auf Grund ihrer Hautfarbe wie Zirkusattraktionen betrachtet werden. Verächtliche Bemerkungen von Passanten und Vorurteile gegen farbige Untermieter machen ihnen das Leben schwerer als es sein sollte und jede offizielle Versicherung von der Gleichheit aller Menschen klingt damit fast unglaubwürdig.
Wenige, sehr wenige wollen sich davon überzeugen, daß unsere afrikanischen Gäste genau so gut erzogen sind wie die deutschen Studenten. Ihre Gewohnheiten weichen von den unseren nicht mehr ab, als die Gewohnheiten eines Bremers von denen eines Wieners und sie sind nur zu gerne bereit, sich unseren Lebensarten anzupassen.
An den westdeutschen Universitäten studieren heute über 8000 Farbige und wir sind gezwungen davon auszugehen, daß es nicht nur darum geht, was sie studieren, sondern auch wo sie es tun.
Hier tanzen katholische Studenten aus Afrika anläßlich ihres Kongresses in Berlin. Sie kommen aus einem Land, dessen Vergangenheit für uns identisch war mit der Vorstellung des Urwalds. Aber die Zukunft dieses Landes ist identisch mit wirtschaftlicher und politischer Bedeutung.
Diese Studenten bemühen sich, unser Verständnis für ihre Heimat zu gewinnen, unser Verständnis für einen Kontinent, dessen Trommeln zum Aufbruch rufen - zum Aufbruch einer werdenden Nation.