Titelmarke 7, 6 m
Im Zeichen des Urlaubs:
Einleitung u. Schwäne in England
Herkunft: Pathe News
Tiger-Dressur im Gelsenkirch. Zoo
Kamera: Grund
Strandleben
Herkunft: State
Strandsegeln St. Peter-Ording
Kamera: Oelsner, Brandes
Geher-Welttbewerb, Kassel
Kamera: Grund, Vlasdeck
Bogenschiessen, München
Kamera: Hafner
Schiess-"Kunst" (geschoss. Kunstwerk)
Herkunft: Pathé Journal
zum 100. Geburtstag d. frz. Bildhauers Aristide Maillol
Herkunft: Pathé Journal
Filmpreisverleihung, Bernhard Wicki, Wicki-Foto-Ausstellung + Friedr. Luft: "Der deutsche Film ist nicht tot"
Kamera: Pahl, Seib, Rau, Eisemann, Brandes
Schlussmarke 3, 1 m
Im Zeichen Des Urlaubs ... empfehlen wir Ihnen:
Besuch im Gelsenkirchener Zoo:
Während sich alle Welt in den lang ersehnten Urlaub "begibt, wachsen die politischen Krisen. Ausnahmsweise wollen wir diesmal jedoch die beherrschenden Gesichter unserer Zeit in den Hintergrund treten lassen und daran denken, daß die Schulferien begonnen haben 'und die Reisezeit bevorsteht. Unsere Kameramänner haben sich auf den Weg gemacht, um jene Dinge festzuhalten, die vielleicht nicht so wichtig, dafür aber umso hübscher sind.
In England hat sich beispielsweise eine Schwanenfamilie soweit auf den modernen Fürsorge-Staat eingestellt, daß sie an einem Glockenstrang zieht, sobald die Stunde des Fütterns geschlagen hat. Auf dem sozialen Sektor sind uns die Schwäne um Längen voraus.
Ein Besuch würde sich auch im Gelsenkirchener Ruhr-Zoo lohnen, wo in diesen Tagen die Familie des holländischen Dompteurs Boßmann wohnt. Vier Tiger und zwei Löwen gehen bei ihm in die Schule, um sich auf eine glanzvolle Zirkus-Karriere vorzubereiten.
Mit behutsamer Hand und beruhigender Stimme hat Boßmann seinen Schülern schon beifallheischende Kunststücke beigebracht. In einem halben Jahr sollen alle Nummern stehen.
Der Badegast ist König
Aber sicher wollen Sie lieber eine andere Art von Löwenmähnen studieren, wie man sie dort sieht, wo ein heiteres Badeleben zu grösseren Freizügigkeiten einlädt. Alle Jahre wieder wandern tausende von Individualisten zu einsamen Plätzen der Naut, um dort in Ruhe und Beschaulichkeit die Hast großstädtischen Lebens zu vergessen.
Angst vor Hundstagen brauchen wir an unseren Meeresküsten leider nicht zu haben. Dafür versucht das Nordseebad St. Peter-Ording, seine getreuen Badegäste mit Regatten zu unterhalten, die von Strandseglern bestritten werden. Diese Boote mit Flügeln, die sich auf die deutsche Meisterschaft vorbereiten, erreichen bei gutem Wind und mutiger Besatzung eine Geschwindigkeit von 90 Kilometern in der Stunde.
Gebremste Energie
Mit nahezu 6 Kilometern in der Stunde und berstend vor gebremster Energie versuchten in Kassel ost- und westdeutsche Geher Sieg und Lacherfolge ins Ziel zu bringen. - Es ging um die gesamt deutsche Ausscheidung über 50 Kilometer.
Man könnte wohl lange darüber streiten, ob diese im Schatten der Publikumsgunst bescheiden blühende Sportdisziplin ein hochgezüchtetes Kind des Spaziergängers ist oder nur der Einfall eines gescheiterten Marathon-Läufers.
Ohne politisch werden zu wollen, dürfen wir abschließend berichten, daß die ostzonalen Geher ihren westdeutschen Kollegen davongelaufen sind.
Mit dem Pfeil, dem Bogen
Für die Liebhaber frühgermanischer Jagdromantik empfehlen wir als Urlaubsutensil Pfeil und Bogen. In München allerdings ging es nicht um Urlaubsfreuden, sondern um die Deutschen Meistertitel. Diese uralte Schießkunst, die noch im Jahre 1908 mit einer olympischen Goldmedaille gewürdigt wurde, beginnt wieder populär zu werden.
Die Entfernung von den Zielscheiben beträgt bis zu 90 Metern, und der Sieg hängt oft genug von der Laune einer Windböe ab. Aber das Bogenschießen ist nicht nur ein Sport und damit eine Möglichkeit mehr, mit Hilfe von Meisterwürden seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Seine Anhänger erinnern gerne an die fernöstliche Tradition und sehen in ihrer Beschäftigung den Ausdruck einer geistigen Haltung.
Kriegerische Kunstnachrichten
Weniger leicht bestimmen läßt sich die geistige Haltung eines schießwütigen Mädchens aus der Pariser Gesellschaft. Im Verlauf ihres jugendlichen Müßigganges kam sie auf den Gedanken, den ganz speziellen Weg ihres künstlerischen Ausdrucks mit den Eigenheiten einer Flinte zu verbinden.
Immerhin: vielen großen Malern ihrer Heimatstadt war es bestimmt, arm und unbekannt zu sterben - Niki hingegen hat in Paris schon einen Namen.
Geburtstag eines großen Künstlers
Auf das Gebiet der anerkannten Kunst begeben wir uns, wenn wir des Franzosen Aristide Maillol gedenken, dessen Geburtstag in diesem Jahr zum 100, Mal wiederkehrt. Sein Haus in Marly erinnert an die Zeit, als er von seinen Freunden Rodin und Bourdelle bestärkt wurde, in seiner flächengebundenen, von Gauguin beeinflußten Malweise fortzufahren.
Erst spät und als Autodidakt kam Maillol zur Bildhauerei. Er verschloß sich den impressionistischen Stilelementen seiner Zeit und schuf erdgebundene, sinnlich blühende Plastiken von fast frühgriechischer Klarheit, allerdings nicht ohne jugendstilhafte Schwere, Maillol starb 1944 in seinem Geburtsort Banyuls-sur-Mer. Er hinterließ uns Bildnisse, von denen wir jetzt schon wissen, daß sie Ewigkeitswert besitzen.
Festtag für den Film
Das Totengräber-Geschrei um das angebliche Ende des deutschen Films, zu dem sich sogar renommierte deutsche Filmkritiker berufen fühlten, war ebenso laut wie kurz. - Denn als die Not am größten schien, war Bernhard Wicki am nächsten. Für seine Regie in "Das Wunder des Malachias" erhielt er in Berlin den "Silbernen Bären", Als beste Darstellerin wurde Anna Karina ausgezeichnet, die aus Freude über die Auszeichnung schwarze Tränen vergoß. Der Italiener Michelangelo Antonioni trug den "Goldenen Bären" für seinen Film "Die Nacht" nach Hause.
Aber zurück zu Bernhard Wicki, der in Berlin unter dem Titel "2 Gramm Licht" eine Ausstellung seiner besten Fotos zeigt. An ihnen wird bereits die außergewöhnliche Begabung deutlich, mit der Wicki die Realität seiner Umwelt fotografisch interpretiert. Dem Regisseur Wicki sollte es vorbehalten bleiben, die Motive des Amateurfotografen Wicki vom starren Foto in ein faszinierend bewegtes Filmbild umzuwandeln.
Der Film, der Wicki nun endgültig in die erste Reihe der internationalen Regisseure gestellt hat, ist "Das Wunder des Malachias". Es ist die Geschichte von einem modernen Wunder, das im Deutschland von heute geschieht.
In der Ruhrstadt Gelsenkirchen, wo der größte Teil des Films gedreht wurde und in der Wicki von allen Seiten Begeisterung und Hilfe entgegengebracht worden war, fand in diesen Tagen die Uraufführung statt. Alle waren eingeladen worden, die als Laien - teilweise in ausgewachsenen Sprechrollen - mitgespielt hatten.
Originalton Wicki:
"In dem 'Wunder des Malachias' ist es so, daß ich sehr wohl bekannte Kino-Schauspieler habe, wie auch vor allen Dingen sehr, sehr gute Theaterschauspieler und dazwischen habe ich auch wieder Laien. Und das Hübsche ist, daß das nahtlos ineinander geht, daß man also sehr wohl sehr gute Schauspieler wie begabte Laien nebeneinanderstellen kann und dadurch ganz erstaunliche Wirkungen erzielt. Ich hab ' die Erfahrung gemacht, daß dieses System, das ich da hatte, alles original zu drehen und alles in möglichstem Realismus zu machen und auf das Atelier völlig zu verzichten, auf Straßen zu drehen, in lokal-, auf echten Schauplätzen, daß das zwar eine große - eine große Realität erzeugt, das auf der anderen Seite aber ungeheuer produktionserschwerend auch sein kann."
Der Jubel für die Schauspieler Günther Pfitzmann aus Berlin, die junge Nachwuchsschauspielerin Karin Hübner und den hinreißenden Interpreten des Mönches Malachias, Horst Bollmann, vor allen anderen aber für den Regisseur Bernhard Wicki, bewies, daß dieser Film ein Ereignis geworden ist.- Der bekannte Kritiker Friedrich Luft, der in Filmdingen nach wie vor das sicherste Urteil besitzt, sagte uns dazu;
"Wickis Film war ein hochgreifender, mutiger Versuch, die Deutsche Gegenwart auf der Leinwand zu erfassen, und wenn man ihn gesehen hatte, sagte man sich, der deutsche Film ist doch nicht am Ende,"