UFA-Wochenschau 270/1961 26.09.1961

01. Toskana: Freilegung etruskischer Gräber
Zwei Totalen der Grabungsstätte, Männer bohren durch die Erde ein großes Loch in die Decke einer Grabkammer, in das Loch wird eine Kamera gesteckt, die das Grab abschwenkt, man sieht einige etruskische Gefäße, Männer steigen mit einer Laterne in ein schon freigelegtes Grab, leuchten im Innern Wandbilder und Amphoren an.
(10:00:17 - 10:00:53)

02. Die Venus von Milo und ihre Arme
Zwei Einstellungen der Venus und dann viele Zeichnungen von ihr, wie sie wohl ihre Arme gehalten haben könnte, u.a. mit Massageschwamm und Bürste, mit einem Besen, als Verkehrspolizistin, als Anhalterin, mit einem Gipsarm, sich ein Glas Wein einschenkend,salutierend und zum Schluß mit Plakat "Visitez la musée du Louvre".
(10:00:53 - 10:01:41)

03. Oktoberfest in München
Eröffnungs-Festzug: Totale mit Rathaus, Trachtengruppen, Bayern in alter Tracht ziehen eine hölzerne Kanone, skurile Stiefel, Schützen mit geschultertem Gewehr, Frau in Tracht dreht sich, sich drehende Karussels, "Hau den Lukas", Großaufnahmen sich drehender Fahrgeschäfte, Bierkrüge und Altbürgermeister Thomas Wimmer und Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel nehmen nach dem Anstich den ersten Schluck, Mann steigt vom Pferd, das trinkt, Großaufnahmen von Besuchern mit verschiedenen Hüten und zum Schluß nächtliche Impressionen von der Wies'n.
(10:01:41 - 10:03:01)

04. NSU "Erlkönig"
Nächtliche Aufnahmen vom "Erlkönig" (der neue NSU-Prinz): Scheinwerfer geistern durch einen Wald, ein LKW hält an, zwei "Erlkönige" fahren von dessen Rampe und durch den Wald. Kolonne von NSU-Prinzen im Morgenlicht und tags durch Dörfer und über staubige Landstraßen fahrend, total und groß. Totale und zwei Halbtotalen von Hunderten von "Prinzen" auf Halde in Neckarsulm.
(10:03:01 - 10:03:52)

05. Autosalon Frankfurt
NSU-Prinz auf einer Drehscheibe, Großaufnahmen verschiedener Kühler, Ludwig Erhard mit Zigarre, auf Drehscheiben: "Chevrolet", ein Motor und der BMW 1500, ein kleiner Renault, Messe-Totale mit Schwenk auf den Mercedes-Stand, Mercedes-Cabrio 220 SE, 300 SE, 300 SL, VW-Stand mit vielen Käfern und VW 1500, Kühler eines Rolls Royce und Rennwagen "Fiat Abarth".
(10:03:52 - 10:04:52)

06. Deutsche Düsenjäger-Kunstflugstaffel Fürstenfeldbruck
Vorstellung der 1. deutschen Kunstflugstaffel nach dem Krieg: Piloten setzen ihre Helme auf, Start der 4 F 104 Starfighter, Wechselschnitt zwischen verschiedenen Blicken aus einer Kanzel und der Staffel, Kameramann Willy Vlasdeck beim Filmen ausländischer Staffeln, darunter eine Formation der Engländer mit 16 Maschinen vom Typ "Hawker Hunter", Flugaufnahmen, Mitflüge, Zuschauertotale und zum Schluß noch einmal die deutsche Staffel.
(10:04:52 - 10:06:34)

07. Parlamentseröffnung in den Haag
Fahrt der königlichen Kutschen durch den Haag, die Prinzessinnen Beatrix, Irene und Margriet in einer offenen Kutsche. Vor dem Parlamentsgebäude: Beatrix verneigt sich vor dem Ehrenbataillon, Königin Juliane steigt aus und verneigt sich ebenfalls, Soldat groß, Plenarsaal total, Ansprache von Königin Juliane, (O-Ton ohne Übersetzung) zu ihren Seiten Prinzessin Beatrix und Prinz Bernhard.
(10:06:34 - 10:07:27)

08. Berlin-Bericht
Grenztotale mit einer Kleingartenkolonie und nach Westen geworfener Tränengasbombe. Bernauerstraße: Ein Mann begleitet eine weinende Frau, Strahl eines Wasserwerfers über die Mauer, Fotograf auf einem VW-Transporter duckt sich vor dem Wasserstrahl, viele Tränengasbomben werden in den Westen geworfen, ein Mann hebt eine auf und wirft sie zurück, in den Rauchschwaden heben westdeutsche Polizisten weitere Bomben auf und werfen sie zurück - dramatische Aufnahmen! Flucht einer alten Frau aus einem Fenster in der Bernauerstraße: Sie hängt an einer Fensterbank, wird von oben von Vopos zurückgehalten und von unten von Westberlinern gezogen, denen es schließlich gelingt, daß die Vopos loslassen und sie in ein von der Westberliner Polizei aufgespanntes Sprungtuch fällt und weggetragen wird. Räumung einer Ostberliner Laubenkolonie: Gepanzertes Fahrzeug fährt am Stacheldraht entlang, fassungslose Laubenpieper, Vopos, Möbelwagen, Mann trägt Hausrat, Einladen in einen Möbelwagen, ein Bagger zerstört die Lauben, total und groß in vielen Einstellungen, einzelne Bewohner hinter dem Stacheldraht, Trümmer der Lauben, ein Obstbaum hängt am Kran, dazwischen immer eine ältere Frau hinter dem Stacheldraht, die mit einem Westberliner redet, mit Hausrat beladener LKW fährt ab, die Frau entfernt sich von der Grenze, ein Möbelwagen wird von einem gepanzerten Fahrzeug abgeschleppt, die Frau winkt noch einmal aus der Ferne, winkende Hand im Westen groß.
(10:07:27 - 10:09:58)

Titelmarke 7, 6 m

Freilegg. Etruskischer Gräber, Toskana
Herkunft: Sedi

Venus v. Milo u. ihre Arme
Herkunft: Gaumont

Oktoberfest in München
Kamera: Jürgens, Zimpel

NSU "Erlkönig"
Kamera: Rau, Oelsner

Autosalon Frankfurt
Kamera: Grund

Dt. Düsenjäger-Kunstflug-Staffel Fürstenfeldbruck
Kamera: Vlasdeck, Hafner

Parlamentseröffnung in den Haag
Herkunft: Polygoon

Berlin-Bericht
Herkunft: Gaumont

Endemarke 3, 1 m

Reise in die Antike
Unser Bericht von der Gegenwart beginnt diesmal in der Vergangenheit, nämlich bei der 2.500 Jahre alten Kultur der Etrusker. In die jüngst entdeckten Gräber dieses einst in der Toscana ansässigen Volkes senkten sich jetzt die elektronischen Geräte italienischer Forscher. Auf diese neuartige Weise ließ sich das Bild der Grabhöhle festhalten, bevor ein menschlicher Fuß sie betrat.

Wo hast Du Deine Hand ...
Wieder einmal beginnt für die Archäologen die aufregende Reise in die Geschichte der römischen Antike. So wie man hier die Zeugen einer versunkenen Zeit wieder ans Licht unserer Tage emporholt, sollen jüngst auch die Arme der bisher armlosen Venus von Milo entdeckt worden sein. Unsere französischen Kollegen machten sich ein paar respektlose Gedanken über die mutmaßliche Armhaltung des einstigen Schönheitsideals unserer Großväter:
z.B. die Athletin, die Raumpflegerin, die Verkehrslenkerin, oder vielleicht gar antike Anhalterin? Denkbar auch: die stürmische Liebhaberin oder: kurz nach dem Führerschein. Die verlassene Seemanns-Braut und die Weinkönigin, die Herrschsüchtige, die erste Faschistin und die ideale Animierdame für den Besuch des Louvre.

Bier - marsch!
Wir wollen Sie allerdings nicht zum Besuch des Louvre, sondern zu einem Abstecher nach München animieren, um Ihnen vor Augen zu führen, wie unter Aufbietung altbayerischer Folklore und neubayerischer Fremdenverkehrswerbung als auch modernsten Rummelgeräts die Münchner mit aller Kraft, deren sie fähig sind, ihr Oktoberfest begannen.
Wie immer stieg das Stimmungsbarometer himmelwärts, als der Start für die schäumende Maß freigegeben war, was Altbürgermeister Thomas Wimmer mit langgeübter Fertigkeit vornahm.
Für manchen jugendlichen Wies'n-Liebhaber war der Weg durch all die Sensationen und Attraktionen gar zu lang. Doch für all die anderen, die mit Hilfe der Motoren eine Horizontal- oder Vertikalreise in die sommerliche Wies'n-Luft unternahmen, war angesichts der kunterbunten Gaudi die Nacht wie immer viel zu kurz.

... durch Nacht und Wind
Ein anderes nächtliches Unternehmen gebärdete sich weitaus geheimnisvoller. Durch eine beziehungsreiche Anleihe bei einer Ballade Goethes hatte es den Tarnnamen "Erlkönig" gefunden. Nur daß hier nicht der Vater mit Sohn und Pferd durch die Nacht reitet, sondern versierte Fahrer der NSU-Werke hinter dem Steuer eines neuen Autos sitzen, um ihren jüngsten Sproß auf Herz und Nieren zu testen.
Nachdem das schmucke Wägelchen gründlich erfahren hatte, wie hart das Leben auf deutschen Straßen ist, mußte es sich noch einmal auf Hochglanz polieren lassen. Denn schließlich war man ja Gast auf der Frankfurter Automobil-Ausstellung.

Unser aller liebstes Kind
Im Reigen des international geschmiedeten Chroms und zigarrenbewehrter Prominenz, der man ja gern die Vaterschaft an all dem Glanz und Pomp zuschreibt, präsentierten auch die anderen deutschen Fabrikanten die Attraktionen, mit denen sie dem Autofan zum nächsten Frühjahr das Geld aus der Börse locken wollen.
Die Automesse in Frankfurt zeigte deutlich, daß sich der dem Bürgersteig' entwöhnte Bürger dieses Jahrhunderts mit anspruchsloseren Typen kaum noch zufrieden gibt. Und der Glanz der weltbekannten Autos spiegelte es wider: das lackierte und verchromte', eitle doch unabwendbare, motorische Prinzip unserer Zeit.

Loopings Made in Germany
Das Gesicht unserer Zeit entdeckten wir hinter dem Steuerknüppel deutscher Düsenjäger, die im Rahmen eines Großflugtages zum Bestehen der deutschen Luftwaffe ihre Maschinen in den Himmel emporzogen. Diese vier Düsenjäger bilden die erste deutsche Kunstflugstaffel nach dem Kriege.
Was hier wie das harmlose Spiel metallener Vögel anmutet, ist das Ergebnis eines fünfjährigen harten Trainings. Die Testpiloten und Fluglehrer, die in den Maschinen sitzen, durften für ihr gefährliches Hobby ausschließlich in der Freizeit üben.
Unser Kameramann Willy Vlasdeck, der die Generalprobe der Kunststaffel mitgeflogen ist, filmte für Sie auch die ausländischen Teilnehmer am Großflugtag in Fürstenfeldbruck, die durch ihre Vorführungen diesen Tag zu einem kleinen Farnborough machten.
Mit ihrer Staffel ist der deutschen Luftwaffe der Anschluß an die internationale Düsen-Kunstfliegerei gelungen. Immerhin dreht sich hier die Erde bei einer Geschwindigkeit von rund 1000 Stundenkilometern.

Vergoldete Tradition
In eine zwar sehr viel langsamere und behäbigere, dafür aber friedlichere Welt des vergoldeten höfischen Glanzes werden wir zurückversetzt, wenn wir die holländische Königsfamilie zur alljährlichen Eröffnung der neuen Sitzungsperiode ins Parlament in Den Haag begleiten. Drei Prinzessinnen, unter ihnen erstmalig Prinzessin Margriet, fuhren in einer eigenen Kalesche, weil die große Staatskarosse für 5 Personen zu klein geworden ist.
Wie ungewöhnlich aber diese Bilder einer ehrwürdigen und gemächlichen Tradition im nüchternen Rahmen unserer Gegenwart erscheinen, zeigte die Eröffnungsrede Königin Julianas. Sie erinnerte an den ernsten weltpolitischen Hintergrund, vor dem auch das holländische Parlament seine Sitzungen abhalten wird.

Krisenherd Berlin
In Berlin bringt jeder Tag ein neues Drama. In der Bernauer Straße an der Sektorengrenze entfesseln Volkspolizisten vom Ostsektor aus eine Wasserschlacht gegen die Westberliner Presse. Dann folgen Tränengasbomben.
Jeden Tag ereignen sich vor den Augen der Westberliner Szenen, die den Irrsinn dieser unmenschlichen Teilung offenbaren. Eine 77jährige Ostberlinerin schwebt zwischen Angst und Unentschlossenheit über dem Sprungtuch der Westberliner Feuerwehr.
Vopos erscheinen, um die alte Frau in das kommunistische Gefängnis zurückzuzerren. Mutige Westberliner greifen ein, und der Frau gelingt die Flucht in die Freiheit.
Unter dem Schutz von Panzer-Spähwagen fahren unangekündigt Möbelwagen auf, um eine Laubenkolonie im Berliner Stadtteil Schönholz zwangszuräumen.
Nachdem der Hausrat fortgeschafft worden ist, werden die Häuser abgerissen. Das Grenzgebiet wird offensichtlich zu einem Todesstreifen ausgebaut.
Diese Trümmer sind der Rest von kleinen Laubenschlössern, die von ihren Besitzern nach dem Kriege in Feierabendstunden liebevoll zusammengebastelt worden sind. Sie sind aber auch der Rest einer Politik, mit der einstmals Menschen für ein System gewonnen werden sollten. Menschen, die jetzt hinter Stacheldraht miterleben müssen, daß man sie und ihre Habe wie in den finstersten Zeiten einer totalen Kriegführung zwangsaussiedelt.

Veröffentlichungsdatum:

26.09.1961

Produktionsjahr:

1961

Kameraführung:

Grund; Hafner, Anton; Jürgens; Oelsner; Rau, Kurt; Vlasdeck, Willy; Zimpel, Werner

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH

Herkunft Fremdmaterial:

Polygon; Gaumont; Sedi

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch