UFA-Wochenschau 451/1965 16.03.1965

01. Dr. Ernst Benda und Verjährungsdebatte über Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten
Der Mann der Woche. Titel: Bild Ernst Benda. Dr. Ernst Benda mit Pfeife geht mit Akten in seinem Büro zum Schreibtisch, halbnah. Großaufnahme Benda. Im Gespräch mit Justizminister Bucher, halbnah. Bucher, groß, Benda, groß. Benda geht in den Plenarsaal. Flugblatt mit Hakenkreuz für Verjährung. Die Bundestagsabgeordneten, total. Schwenk über den Plenarsaal zum Bundesadler an der vorderen Wand. Ernst Benda am Rednerpult, total. Er spricht O-Ton: "Ich sehe mich nicht in der Lage, und ich bekenne das offen, ich sehe mich nicht in der Lage, in dieser Sache ohne Leidenschaft zu diskutieren. Ich meine, dass dieses eben zitierte Wort "Leidenschaft" vielleicht seinen eigentlichen Wortsinn gebraucht "wir leiden". Wir leiden, meine Damen und Herren, und mit uns das ganze Volk unter dieser Frage - und wir müssen versuchen, unter Einsatz dieser Leidenschaft zu der Lösung zu kommen, die die richtige ist. Ich bestehe darauf zu sagen, dass dieses deutsche Volk doch kein Volk der Mörder ist, und dass diesem Volk doch erlaubt sein muß, ja, dass es um seiner selbst willen dessen bedarf, dass es mit diesen Mördern nicht identifiziert wird - dass es besser gesagt, deutlicher gesagt, sich selber von ihnen befreien kann." Klatschende Abgeordnete. Die Regierungsbank, total. Als Zuhörer: Adenauer, halbnah, Bucher neben Mende, halbnah, Erhard, halbnah. Klatschende Abgeordnete, total.

02. Co-Test und Saugröhre für Abgase
Unser tägliches Gift - Titel - Autoschlange. Autoauspuff, groß. Dichter Autoverkehr auf Straße. Frauen im Lübecker Herstellungswerk bei der Herstellung der Teströhrchen. Wagenschlange auf der Straße hintereinander stehend. Das Röhrchen, groß. Maschine im Werk bei der Herstellung des Röhrchens. Auspuff eines Wagens, groß. Messung der Auspuffgase. Polizist regelt Verkehr. Polizist spricht O-Ton, groß, vor UFA-Mikrofon: "Wir sind auf die Gefährlichkeit des Co-Gehaltes in der Luft dadurch aufmerksam geworden, dass verschiedenen Verkehrsposten, besonders im Sommer, nach kurzer Zeit schlecht wurde, und sie ihren Posten verlassen mußten. Seither richten wird die Einsatzzeit nicht mehr stur nach dem Dienstplan, sondern danach, wie lang der Posten unter gewissen Witterungsbedingungen auf seinem Posten aushalten kann, ohne dass er gesundheitliche Schäden davonträgt." Polizist inmitten von Autos. Fußgänger gehen über die Straße. 2 Frauen mit Kind an der Hand. Professor Effenberger spricht O-Ton, groß: "Die Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet, das rührt daher, dass sie ihre Luft aus einem Niveau einatmen, in dem die Auspuffgase noch relativ unverdünnt sind. Somit muss auch in diesem Niveau die Co-Konzentration höher sein als etwa im Niveau der erwachsenen Menschen." Kind sitzt in einer Sportkarre. Auspuffgas strömt aus LKW. Sportkarre mit Kind wird von Frau geschoben. Zollbeamte bei Abfertigung. Ausströmendes Gas aus Auspuff, groß. Exhauster stößt Gas in höhere Luftschichten. Fahrende Autos im dichten Verkehr.

03. Hannover: Schule für männliche Mannequins
Vom Männeken zum Mannequin - Titel - 2 männliche Mannequins. Modephotograph, total. Junger Mann in Posen, total. Kopf des Mannes, lachend, groß. Junger Mann in Modeposen. Männer führen auf Laufsteg Mode vor. Anzug mit hellem Jackett und dunkler Hose. Heller Mantel. Mann stolpert beim Abgang. Schuhe und Hosen eines gehenden "Dressman". Kopf eines jungen Mannes als Zuschauer, groß. In Mannequinschule zeigt Lehrerin den jungen Männern Richtiges Gehen und Haltung. Junger Zuschauer, groß. Männer üben Haltung und richtiges Gehen. Gehen mit Pendeln in den Händen. Gehen mit Buch auf dem Kopf. Die Lehrerin zeigt einem älteren Mann, wie man den Hut richtig abnimmt. Die Männer beim Schminken. Mann zieht sich Augenbraue nach. Frau sieht hinter "Eleganter Welt" hoch. Frauen sitzen auf Stühlen hinter Modezeitungen. Die Männer gehen vorbei. Modephotographen, total. Junger Mann in Posen.

04. Hamburg: Fußball Länderspiel Deutschland - Italien 1:1
1:1 für Deutschland - Titel - Überfüllte Ränge des Stadions. Überfüllte Ränge im Volksparkstadion, total. Spieler auf dem Feld, total. Spielszenen. Der italienische Linksaußen Paskutti schießt auf das Tor. Zeitlupe. Tilkowski hält. Klatschende Zuschauer. Brunnenmeier läuft mit dem Ball. Junger Zuschauer, groß. Spielszenen vor dem italienischen Tor. Küppers köpft, Torwart Negri hält. Lachender Zuschauer, groß. Konietzka köpft. Die deutsche Mannschaft vor dem italienischen Tor. Enttäuschter Italiener unter den Zuschauern. Verteidiger faustet Ball aus dem Tor. Elfmeter für die deutsche Mannschaft. Negri hält den Ball. Italiener stürzen auf Schiedsrichter zu, der Elfmeter wiederholen läßt. Älterer Mann mit Mütze, aufgeregt, mit Zunge zwischen den Lippen, groß. Tor durch Elfmeter. Zuschauer reißen Hände hoch, total, von hinten photographiert. Spielszenen. Spieler fallen hin. Heftig gestikulierende Zuschauer. Lachender Zuschauer, groß. Italienischer Verteidiger muss vom Spielfeld. Zuschauer stößt italienischem Zuschauer auf den Kopf. Torwart Negri hält Ball, ZL. Zuschauerin mit Hochfrisur und Kopftuch, groß. Torwart Tilkowski wird verletzt und bleibt liegen. Zuschauer zeigt Vogel. Italien schießt Tor.

Titelmarke 7, 6 m

der mann der woche

Dr. Ernst Benda und Verjährungsdebatte üb. Verfolgung nat.-soz. Straftaten
Kamera: Luppa, Starke, Pahl

unser tägl. Gift

CO-Test und Saugrohre f. Abgase
Kamera: Jürgens, Zimpel, Starke

vom Männeken zum Mannequin

Schule für männliche Mannequins in Hannover
Kamera: Jürgens

1:1 Für Deutschland

Fussball Deutschland/Italien in Hamburg
Kamera: Seib, Brandes, Jürgens, Labudda

Schlussmarke 3, 1 m

Der Mann der Woche
Gestern noch galt Ernst Benda nur für Eingeweihte als politisches Talent. Heute steht der 40-jährige Rechtsanwalt, Sproß einer alten Berliner Familie, in der vordersten Reihe der deutschen Bundestagsabgeordneten. Der kühl und sachlich wirkende Politiker, der das Understatement schätzt, hat mit Mut und Geschick die Diskussion um die Verjährung von NS-Verbrechen in neue Bahnen gelenkt.
Während noch 57 % der Bevölkerung die Verjährung befürworteten und üble Pamphlete an unheilvolle Zeiten erinnerten, plädierte die Mehrheit der Abgeordneten für eine Verlängerung der Verjährungsfristen. Die eindrucksvolle Rede Ernst Bendas zeugte für das hohe Niveau der Bonner Debatte:
"Ich sehe mich nicht in der Lage, und ich bekenne das offen, ich sehe mich nicht in der Lage, in dieser Sache ohne Leidenschaft zu diskutieren. Ich meine, daß hier dieses eben zitierte Wort "Leidenschaft" vielleicht seinen eigentlichen Wortsinn gebraucht "wir leiden". Wir leiden, meine Damen und Herren, und mit uns das ganze Volk unter dieser Frage - Und wir müssen versuchen, unter Einsatz dieser Leidenschaft zu der Lösung zu kommen, die die richtige ist. Ich bestehe darauf zu sagen, daß dieses deutsche Volk doch kein Volk der Mörder ist, und daß diesem Volk doch erlaubt sein muß, ja, daß es um seiner selbst willen dessen bedarf, daß es mit diesen Mördern nicht identifiziert wird, sondern, daß es von diesen Mördern befreit wird - daß es besser gesagt, deutlicher gesagt, sich selber von ihnen befreien kann."

Unser tägliches Gift
Dieses Gift heißt Kohlenoxyd. Es strömt täglich aus 11 1/2 Millionen Auspuffrohren und vermischt sich mit der Luft, die wir alle atmen. Das Ausmaß dieser Gesundheitsgefährdung ist bisher noch nicht genügend ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen. Ein Lübecker Werk hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein Gasprüfgerät zu entwickeln, mit dem umfassende Prüfungen des Kohlenoxyd-Gehalts möglich werden.
Das Gerät besteht aus einem Prüfröhrchen und einer Balgpumpe. Mit ein paar einfachen Handgriffen läßt sich z.B. feststellen, daß auch die Heizungsluft unserer PKW Kohlenoxyd in beängstigendem Umfang enthalte. Wissenschaftler empfehlen daher, zumindest im Stadtverkehr bei eingeschalteter Heizung die Fenster zu öffnen.
Messungen bestätigen, daß die Konzentration von Kohlenoxyd an Verkehrsreichen Punkten alarmierend hoch ist. Die Polizei hat bereits darauf reagiert:
"Wir sind auf die Gefährlichkeit des CO-Gehaltes in der Luft dadurch aufmerksam geworden, daß verschieden Verkehrsposten, besonders im Sommer, nach kurzer Zeit schlecht wurde, und sie ihren Posten verlassen mußten. Seither richten wir die Einsatzzeit nicht mehr stur nach dem Dienstplan, sondern danach, wie lang der Posten unter gewissen Witterungsbedingungen auf seinem Posten aushalten kann, ohne daß er gesundheitliche Schäden davonträgt."
Die Autoindustrie hat es bisher versäumt, durch neu konstruierte Vergaser Abhilfe zu schaffen. Professor Effenberger wies auf eine weitere Gefahr hin:
"Die Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet, das rührt daher, daß sie ihre Luft aus einem Niveau einatmen, in dem dis Auspuffgase noch relativ unverdünnt sind. Somit muß auch in diesem Niveau die CO-Konzentration höher sein als etwa im Niveau der erwachsenen Menschen"
Mit großem Aufwand versuchen die Zollbehörden, ihre Beamten vor Gesundheitsschäden zu bewahren. Am Grenzübergang in Konstanz drückt ein Exhaustor die Auspuffgase in höhere Luftschichten. Industrie und Behörden werden nicht länger der Verpflichtung ausweichen können, uns mehr als bisher vor den Gefahren unseres Lieblingsspielzeugs zu schützen.

Vom Männeken zum Mannequin
Der Wille zur männlichen Schönheit, der lange Zeit nur in geschlossenen Zirkeln diskutiert wurde, wird unaufhaltsam zum Bestandteil unseres öffentlichen Lebens. Das danken wir den mutigen Vorkämpfern, die unter der zarten Bezeichnung "dress-men" maßvolle Formen und einen gepflegten Sex Appeal zu Markte tragen.
Um nun auch den leisesten Fehltritt in diesem Beruf auszumerzen, erwartet den mit harmonischen Maßen gesegneten in Hannover eine Schule für männliche Mannequins. Neben dem geistigen Rüstzeug wird der männliche Schritt gelehrt:
"In Zukunft setzen Sie nicht mehr die Ferse zuerst, auf den Erdboden, sondern versuchen, Ferse und Spitze zur selben Zeit aufzusetzen. Sie achten in Zukunft auch litte immer auf Ihre Haltung. Sie muß schön-also aufrecht sein. Schultern und Hals bitte nach hinten hin. Das Pendeln der Arme ist ebenfalls wichtig. Die Arme sollen locker hängen und sie pendeln parallel zum Schritt."
Mit einer Präzision, die an die Grundausbildung der Bundeswehr erinnert, werden letzte Haltungsschäden korrigiert. Erhobenen Hauptes und im Bewußtsein eines hohen Intelligenzquotienten - geschickt auf dem Kopf getragen - schreitet Deutschlands Mannequin-Elite einer bemerkenswerten Karriere entgegen.
Der Senior der Mannequins entdeckt mit Erstaunen, wie graziös sich das Entblößen des Hauptes variieren läßt. Dann beginnt der intimste Teil des Unterrichts: Schönheitspflege. Vom Zupfen der Augenbrauen wird abgeraten.
Blicke voller Unbehagen folgen den Männern, die mit dem Mut von Suffragetten zum Sturm auf den Laufsteg angetreten sind. Ein neues Kapitel männlicher Selbstdarstellung hat damit begonnen.

1 : 1 für Deutschland
71000 Zuschauer beim Fußballänderspiel Deutschland gegen Italien im Hamburger Volksparkstadion. Eine der jüngsten deutschen Mannschaften spielt gegen eine der besten der Welt.
Linksaußen Paskutti zum Star der italienischen Profis, Rivera, doch Tilkowski ist in großartiger Form.
Erste Torchance für Deutschland. Brunnenmeier flankt zu Hornig, doch Negri zaubert den Ball ins Aus.
Zwei Minuten später. Küppers köpft. Heiß triff die Latte. Konietzka wieder mit dem Kopf. Aber Negri ist nicht zu schlagen.
Die deutsche Mannschaft, in der vier Debütanten stehen, spielt mit dem Selbstbewußtsein alter Berufsspieler.
40. Minute. Küppers von München 1860 spielt Torwart Negri aus, doch Verteidiger Picchi faustet den Ball ins Aus. Beim folgenden Elfmeter verstößt Negri deutlich gegen die Regeln. Er bewegt sich vor dem Schuß auf der Torlinie.
Negri hält auch diesen Ball. Doch der Schiedsrichter ordnet die Wiederholung an. Leider wissen wir nicht, ob er seinen Entschluß aufgrund dieser Szenen bereut hat.
Deutschland führt 1 : 0 gegen die Mannschaft, der man die beste Verteidigung der Welt nachsagt. Italien stürmt nur mit drei Mann - bleibt dabei aber gefährlich.
Doch allmählich verwandelt sich die Länderbegegnung zu einem Spiel der Italiener gegen Deutschlands-Sanitäter. Italiens Verteidiger Burgnich wird des Feldes verwiesen. Dunkelhaarige Zuschauer sind jetzt besonders gefährdet.
Während er einen italienischen Angriff abfängt, erhält Torhüter Tilkowski einen Tritt an den Kopf. Er scheidet mit einer schweren Gehirnerschütterung und einer Mundverletzung aus.
Doch die deutsche Nationalmannschaft ließ sich nicht beirren und spielte eine großartige Partie zu Ende. Der italienische Ausgleichstreffer konnte nicht verhindern, daß Deutschland überlegen mit 1 : 1 siegte.

Veröffentlichungsdatum:

16.03.1965

Produktionsjahr:

1965

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Jürgens; Labudda; Luppa; Pahl, Georg; Seib, Gerhard; Starke, Rainer; Zimpel, Werner

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch