UFA-Dabei 737/1970 08.09.1970

01. Jugend in Berlin
Überfüllter Badestrand, liegendes Mädchen im Bikini, Strandkörbe, total. Liegendes Paar küßt sich. Berlin: 4 junge Mädchen fahren in offenem Auto durch Berlin. Kurfürstendamm mit Gedächtniskirche und Fahraufnahmen am Funkturm vorbei; Titel: Dabei in Berlin. Standphotos junger Mädchen, groß. Titel darauf: mit Nicole unterwegs. Gruppe junger Franzosen, Schwenk. Junge Leute bei deutsch-französischem Volksfest. Kleine Kanone schießt auf Scheibe auf einem nackten Nabel. Hand holt die kleine Kanonenkugel aus dem Nabel, groß. Lachende junge Franzosen, groß. Fahraufnahme Kurfürstendamm am Kranzler vorbei auf Gedächtniskirche zu. Stadtbilder bei Nachtbeleuchtung. Schild Kurfürstendamm, groß mit Passanten. Junger Neger mit LSD-Brille, groß. Folklore-Tanz im Freien. Zeltlager am Wannsee, total. Hand rührt Löffel in großem Topf mit Spaghetti. Schallplattenkiosk, Schwenk auf Mädchen mit Kopfhörer. Mehrere Einstellungen in eine Boutique mit Kleidern und Hüten als dem Carnabystreet. Schwenk von Hochhaus auf Straßentheater. Kinder als Zuschauer auf Gartenstühlen. Darsteller, groß, mit Masken. Zuschauende Kinder, nah. O-Ton der Darsteller: Jazz in der Nationalgalerie: Junge Leute sitzen am Fuß einer Säule. Nackte Füße hängen über Mauer. Hand am Schlagbass. Schwenk auf Gesicht des Schlagbassisten, auf Schlagzeuger und Saxophonisten. Auditorium im Freien, Schwenk auf Band. Zuhörer, groß. Plastik im Freien, total. Brücke mit jungen Leuten.

02. Bonn: Staatsbesuch Suhartos aus Indonesien
Landende Maschine auf Rollfeld, Traforanfahrt auf Maschine mit Empfangsdelegation. Polizist mit Maschinengewehr auf Mauer. Suharto und Frau steigen aus der Maschine, total. Angetretene Ehrenformation mit Stahlhelmen, Begrüßung Bundespräsident Heinemann und Ehepaar Suharto. Gruppe von Kameramännern, unter anderem Gerd Seib. Heinemann, Suharto und Begleitung. Grüßender Bundeswehrsoldat mit Stahlhelm, nah. Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes mit Stahlhelm, nah. Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes, Gäste und Begleitung davor. Hubschrauber fliegt über flatternde Fahnen hinweg. Bonn von oben gesehen, Traforanfahrt auf Bundeskanzleramt. Innen: Willy Brandt mit Suharto in Unterhaltung. Suharto lächelnd, halbtotal. Bonn, Münsterplatz: Demonstrationen. Plakat "Alle Macht dem Volk" mit Suharto als Schwein. Andere Plakate, zum Beispiel Photos mit Schrift" ... der hohe Gast und seine Taten". Aufnahmen einiger Demonstranten nah und groß. Plakat: "Und die Waisen der Opfer Suhartos?". O-Ton der Demonstration unter anderem "Nieder mit Suharto".

03. Berlin: "Tag der Heimat" in der Waldbühne
Vertriebene mit Fahnen auf Mauer der Waldbühne. Transparent "Westpreußen" hinter Leuten mit Regenschirmen. Aufmarsch Jugendlicher in weißen Hemden mit Fahnen. Transparent "Ostpreußen". Einzug kleiner Kinder und Fahnenschwenker. Publikum und Frauen in Trachten.
O-Ton des Verbandsvorsitzenden Czaja, halbtotal hinter Mikrofonen: "Über die Zugehörigkeit oder die Zession von Teilgebieten Deutschlands kann nur das ganze Staatsvolk entscheiden. Nach dem Völkerrecht, nach dem Potsdamer Abkommen, nach vielen anderen Verträgen ist dies nur in einer frei zu vereinbarenden friedensvertraglichen Regelung möglich. Auch im Zeitalter der Weltraumfahrt kann man aus der Geschichte nicht aussteigen." Zwischenschnitte Publikum und Transparent "Nationalrevolutionäre Jugend Berlins für ein freies Deutschland". Trachtengruppe, O-Ton.

04. Lippstadt: Kanuslalom auf dem Fluß Burgmühle
Blick auf das beflaggte Lippstadt mit Fluß und Zuschauern am Ufer. Kanus am Ufer mit den Sportlern, total. Schleuse, Schild darüber "Kanu-Slalom Lippstadt - Start". Kanufahrer fährt durch Schleusentor auf den Wildwasserkurs. Zuschauer, groß. Ein Fahrer bei Eskimorolle. Froschmann sitzt am Ufer. ZL-Aufnahmen eines gekenterten Fahrers. Froschmann schwimmt zuhilfe. Jürgen Gerlach startet, Verfolgung. Versuch, das 2. Tor rückwärts zu durchfahren, scheitert. Mann mit Kamera, nah. ZL. Gerlach in Wildwasser, groß (wird 7.). Start von Alfred Baum und diverse Einstellungen in ZL. Fährt rückwärts durch Slalomtor. Baum als Sieger lachend, groß.

05. Fehmarn: Open-Air-Festival
Rocker beim Einweisen von Autos. Jugendliche auf dem Wege zum Ort des Festivals, lange Schlange. Schwenk über Zeltplatz der Fans im Wind. Überdachte Holzbühne, total. Diverse Einstellungen der jugendlichen Besucher, total und groß. Sitzen dicht gedrängt auf dem Boden. Tanzende Mädchen mit bloßen Brüsten auf der Bühne. Schwenk über die Wiese beim Aufbruch der Teilnehmer. Mehrere junge Leute zu Tietge als Fragendem O-Ton: "Die Eintrittspreise waren zu hoch und dafür haben zu wenig Gruppen gespielt." - "Das Wetter hätte besser sein müssen, das ist ganz logisch." - "Also, es ist gut - sagenhaft würde ich sogar sagen." - "Schlecht organisiert, das hätten sie früher machen müssen, es war viel zu kalt." Stellungnahmen zum Festivalverlauf. Pissoir-Anlage, total. Junger Mann verläßt offenen Kabine und schließt seine Hose. 2 junge Leute sitzen auf der Erde zwischen Dreck und Papierfetzen. O-Ton eines Mannes in Uniform vom Deutschen Roten Kreuz, groß, zur Anzahl der Hilfsleistungen: "Diese Zahl setzt sich zusammen: überwiegend 50% Erschöpfungszustände, dann Herzanfälle, Schnittverletzungen, Schürfwunden, darunter auch etwa zwei Dutzend Haschvergiftungen und einige sonstige Verletzungsarten." Zwischenschnitte: junges Paar auf der Erde sitzend. Anfahrende Rot-Kreuz-Autos. Junge Leute auf Stoppelfeld, total. Zeltlager. Schwenk. Bauer, O-Ton, zu verursachtem Flurschaden durch die Festivalteilnehmer: "Das Festival hier auf Fehmarn wollen wir mal sagen, das ist für uns ein großer Schaden als Bauern. Sie sehen selber, wie die Leute über unsere Äcker fahren, uns mit Autos hier mindestens einen Schaden von 5.000 Mark gemacht haben. Hier war ein Klee-Schlag, der ist als Super-Elite und diese Super-Elite kostet Doppelzentner 600 Mark." Pferd an offenem Autofenster.

Jugend in Berlin
Herkunft: Archiv

Suharto i. d. BRD
Kamera: Brandes

"Tag der Heimat" in Berlin
Kamera: Bürkle

Kanu-Slalom '70 in Lippstadt

Open Air-Festival auf Fehmarn
Kamera: Rühe

Anfang und Ende

Gesamtlänge

Dabei-Unterhaltung: Berlin-Trip mit Nicole
Sie suchen an Europas Stränden, was sie in der Stadt nicht finden: Weite, Wasser, Einsamkeit.
Die Städte - so heißt es - sind verlassen. Sind sie es wirklich? Was tut sich in diesen Wochen beispielsweise in Berlin? Wir trafen eine Gruppe junger Leute aus Paris. Auf ihrer Suche nach allem, was "en vogue" ist, begleiteten wir sie. Nicole schrieb das Tagebuch über 48 Stunden "Weltstadt in action".
"Wir hatten Paris verlassen, um Berlin zu entdecken; doch wir entdeckten als erstes die Sehnsucht der Berliner nach Paris. Auf dem deutsch-französischen Volksfest spielten sie Urlaub an der Seine und lachten mit uns über Rummelgags, die auf der ganzen Welt belacht werden.
Am Abend begannen die Probleme. Wir wußten, daß es in Berlin 5.000 Kneipen und Diskotheken gibt. Wir schafften nur sieben und blieben in der achten bis zum frühen Morgen.. - Die Berliner Twens haben eine beneidenswerte Kondition - im Tanzen meine ich; sie lieben den harten Beat mindesten genauso sehr wie wir an der Seine.
Statt mit Morgengymnastik empfingen uns unsere Freunde im Camp am Wannsee mit Folklore. Nichts für uns - zumal uns noch der Rock in den Ohren dröhnte.
Wir frühstückten am Kudamm und folgten einem Geheimtip: in Berlin gibt es die neueste Pop-Musik und billige Modelle aus der Carnaby-Street.
In Paris hatten wir viel von der politischen Aktivität der Berliner Studenten gehört. Doch sie hatten wohl gerade Sommerpause - nur ein lautes Straßentheater der Linken spielte für ein paar Kinder im Berliner Norden.
(Originalton): "Stehen Sie hier nicht rum - machen Sie, daß Sie an die Arbeit kommen. Wir haben Hochkonjunktur!" - "Ich tue keinen Handstreich mehr. Kündigen Sie doch auch, streiken Sie!" - "Sie streiken! Das ist ja Aufruhr und Rebellion. Sind denn hier alle verrückt geworden? Das ist ja Kommunismus."
Bei Jazz an der Nationalgalerie enden meine Tagebuch- Notizen. Zwei Tage in action fordern eine Verschnaufpause. Wie sagt man hier? Berlin hat mich geschafft! Merci Berlin!

Dabei-Politik: Notizen zur Zeit
Staatsbesuch in Bonn unter außergewöhnlichen Vorzeichen: Innenminister Genscher hatte Sicherheitsstufe 1 angeordnet - für "besonders gefährdete Gäste". Nach heftigen Auseinandersetzungen in den Niederlanden wurde der indonesische Ministerpräsident General Suharto hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Nur die Repräsentanten des Staates durften die Gäste aus dem fernen Osten begrüßen. In der Obhut der Bundeswehr flog der Präsident mit seiner Begleitung zu Gesprächen in die Bundeshauptstadt. Im Bundeskanzleramt verhandelte Suharto über eine Ausdehnung der deutschen Entwicklungshilfe für Indonesien. Das Ergebnis schien ihn mit den Protesten auf der Straße zu versöhnen. Auf dem Bonner Münsterplatz beschuldigten etwa 300 Demonstranten den Staatsbesucher, zehntausende von politischen Gegnern in Konzentrationslagern gefangenzuhalten und für krasse soziale Mißstände in seinem Lande verantwortlich zu sein.
Die traditionelle Heerschau der Vertriebenen-Verbände zum "Tag der Heimat" fand diesmal in Berlin statt. Die einst explosive Mischung aus lautstarker Folklore und politischer Agitation beginnt ihren Reiz zu verlieren: nur 5.000 Heimatvertriebene waren in die Berliner Waldbühne gekommen. Mit heftiger Kritik bedachte der Verbands-Vorsitzende Czaja den Moskauer Vertrag.
(Originalton): "Über die Zugehörigkeit oder die Zession von Teilgebieten Deutschlands kann nur das ganze Staatsvolk entscheiden. Nach dem Völkerrecht, nach dem Potsdamer Abkommen, nach vielen anderen Verträgen ist dies nur in einer frei zu vereinbarenden friedensvertraglichen Regelung möglich. Auch im Zeitalter der Weltraumfahrt kann man aus der Geschichte nicht aussteigen."

Dabei-Sport: Kanuten im test
In Lippstadt trafen sie aufeinander: Deutschlands beste Slalom-Kanuten, Strömungs-Techniker trimmten das Flüsschen Burgmühle unlängst auf Wildwasser-Kurs. Bei den Titel-Kämpfen zwang die neue Strecke auch Könnern letzte Reserven ab.
Wer bei der Eskimo-Rolle aus dem Ruder lief, vertraute auf die Hilfe der Froschmänner.
Am Start: Jürgen Gerlach, Deutscher Meister im Kanu-Slalom. Der Düsseldorfer galt in Lippstadt als hoher Favorit. Beim zweiten Tor, das rückwärts durchfahren werden muss, verlässt ihn seine Routine; die schnelle Drehung misslingt. Gerlach verliert kostbare Sekunden bei dem Versuch, sein Boot in die vorgeschriebene Richtung zu zwingen.
Der Deutsche Meister kann seinen Zeitverlust nicht aufholen: er verliert seinen Titel, und muss sich diesmal mit dem siebten Platz begnügen.
Alfred Baum aus Wickede. - In Fachkreisen wurde er vor dem Rennen als Geheimtip gehandelt. Die Zeitlupe beweist: Wildwasser-Slalom ist mehr als nur ein Feierabend-Hobby.
Alfred Baum steuert sein Kanu am schnellsten durch die Slalom-Tore. Er wird Deutscher Meister 1970. Experten trauen dem jungen Rheinländer auch Medaillen-Chancen in München zu.

Dabei-Jugend: Pop im Regen
"Hier geh' doch mal von der Strasse runter, Du blöde Nuss!" Hamburgs Vorstadt-Rocker stimmten auf ihre Weise die Besucher auf das Festival-Motto ein: Liebe und Frieden. 30.000 Pop-Fans schulterten ihre Seesäcke und quartierten sich für drei Tage in der kleinen Zeltstadt ein: Open-Air-Festival auf der Ostseeinsel Fehmarn, angekündigt als der grosse Kehraus des europäischen Freiluft-Pop.
Regen und eine steife Ostseebrise liessen die Fans zusammenrücken. Die feuchte Kälte verschreckte etliche der angekündigten Spitzenbands: sie traten ihren hochdotierten Job nicht an.
Durchfroren verliess die Pop-Gemeinde am dritten Tag die 50 Hektar grosse Bauernwiese. Enttäuschung überwog:
(Originalton): "Die Eintrittspreise waren zu hoch und dafür haben zu wenig Gruppen gespielt. Das Wetter hätte besser sein müssen, das ist ganz logisch. Also, es ist gut - sagenhaft würde ich sogar sagen. Schlecht organisiert, das hätten die früher machen müssen, es war viel zu kalt."
Technischer Hilfsdienst und Rotes Kreuz aber zogen zufrieden Bilanz: nur 212 mal hatten sie helfend eingreifen müssen:
(Originalton): "Diese Zahl setzt sich zusammen: überwiegend 50 % Erschöpfungszustände, dann Herzanfälle, Schnittverletzungen, Schürfwunden, darunter auch etwa zwei Dutzend Haschvergiftungen und einige sonstige Verletzungsarten."
Wird die idyllische Ostsee-Insel im nächsten Jahr ein neues Festival erleben? Wir fragten einen Bauern, der seine Wiese den Pop-Fans überlassen hatte: (Originalton) "Das Festival hier auf Fehmarn wollen wir mal sagen, das ist für uns ein großer Schaden als Bauern. Sie sehen selber, wie die Leute über unsere Äcker fahren, uns mit Autos hier mindestens einen Schaden von 5.000 Mark gemacht haben. Hier war ein Klee-Schlag, der ist als Super-Elite und diese Super-Elite kostet Doppelzentner 600 Mark. "

Veröffentlichungsdatum:

08.09.1970

Produktionsjahr:

1970

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Rühe, Bernd Michael; Bürkle

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch