UFA-Dabei 762/1971 02.03.1971

01. München: Oberbürgermeister Vogel contra SPD
Hofbräuhaus, außen, total. Innen: Versammlung der SPD. Zeichen SPD an der Stirnseite. Applaudierende jugendliche Teilnehmer, nah. SPD-Vorsitzender Meyer, München, hinter Mikrofonen am Rednerpult, groß. Diverse Einstellungen der Teilnehmer, groß und nah. Vogel, nah, reibt sich das Kinn. Vogel am Rednerpult, halbtotal, erst von hinter gesehen, dann frontal, nah, spricht O-Ton spricht sehr heftig.
O-Ton: "Dieser politische Trend, er nimmt uns die Möglichkeit und die Macht, die Macht, Genossinnen und Genossen, reale Reformen zu verwirklichen. Es geht um den politischen Weg dieser Partei. Wie können wir München behaupten, wie können wir Bayern erobern und wie können wir unsere Mehrheiten in Bonn so ausbauen, dass die Sozialdemokratische Bundesregierung nicht eine Episode bleibt, sondern ihre Arbeit nach den Wahlen von 1973 auf der Grundlage einer absoluten Mehrheit fortsetzen kann?"
Zwischenschnitte aus der Zuhörerschaft. Applaus.

02. Bonn: Demonstrationen des Deutschen Bauernverbandes
Unter den Bildern von der Demonstration O-Ton des Präsidenten des Deutschen Bauern-Verbandes, Heeremann.
O-Ton: "Wir wollen keine Almosen, aber wir wollen ebenso wie alle anderen Berufstätigen unserer Gesellschaft die Früchte unserer eigenen Anstrengungen ernten. Nicht mehr! - Ich appelliere an die Öffentlichkeit und Parlamente. Tun Sie alles, damit nicht die Sozialgruppe Landwirtschaft zu den Ausgestoßenen unserer Wohlstandsgesellschaft wird."
Bahnhof Bonn mit Schild Bonn. Schwenk auf einlaufenden Zug. Bauern in Mengen auf dem Bahnsteig und, von oben gesehen: auf der Straße zwischen Bussen. Schwenk über abgestellte leere Busse. Demonstrationszug mit Plakaten und Transparenten wie "Denkt an die Kohlengruben! Soll es mit unserer Ernährung auch so kommen?" - "Lösung: Krieg oder mehr Nahrung!" Polizistenkette. Plakate: "EWG bedeutet Riesenprofite für Monopole und Ausbeutung der Arbeiter und Bauern" - "Roggen und Schweine sind billig, doch teuer Fleisch und Brot, aber Herr Schiller will es: Der Bauern Tod" - "1940 die Juden - 1970 die Bauern, im Jahre 2000 ... ". Schwenk über die Menge der Demonstranten. Heeremann, groß, O-Ton: "Ich appelliere an die Öffentlichkeit und Parlamente. Tun Sie alles, damit nicht die Sozialgruppe Landwirtschaft zu den Ausgestoßenen unserer Wohlstandsgesellschaft wird."
Totale der Demonstranten.

03. Berlin: Mahler-Prozeß
Eingangs Archivmaterial wie Vietnam-Demonstrationen. Mehrere Einstellungen von Mahler, u.a. bei Teufel-Prozeß. Mahler, nah, bei Interview. O-Ton: "Wenn in dieser Gesellschaft gewaltloser Protest nicht mehr zur Kenntnis genommen wird oder gewaltloser Protest mit Rücksicht auf die Gewalt, die die Polizei gegen uns ausübt, nicht mehr möglich ist, dann halte ich Gewalt als Form oder Ausdrucksform des Protestes für notwendig, und in diesem Sinne auch für politisch gerechtfertigt." - "Was glauben Sie, wie weit die Gewalt gehen darf?" - "Die Gewalt darf nie so weit gehen, dass sie sich gegen Personen richtet. Sie sollte auch nicht so weit gehen, dass Personen zu schaden kommen können, insbesondere, dass es zu Todesopfern kommen kann."
Diverse Einstellungen der Angeklagten bei Baader-Meinhof-Prozeß. Polizist sucht Männer mit Gerät nach Waffen ab. Leute auf der Straße werden von Rüdiger Nebe (Deutsche Wochenschau), selbst kaum sichtbar, interviewt.
O-Ton:"Würden Sie ein Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe bei sich zu Hause aufnehmen, um es vor der Polizei zu schützen?" - "Ich gebe darauf keine Auskunft." - "Wenn die im Moment in Druck wären." - "Na, was soll man dazu sagen - schwer, schwere Frage." - "Ja, das würde ich machen." - "Warum würden Sie das tun?" - " Ja, weil ich wahrscheinlich allen bedrängten helfen würde." - "Ne, das sind keine ehrlichen Leute. - Der Baader hat doch den Brand gelegt. Er hat also andere Menschen in Gefahr gebracht und das verurteile ich."
Foto der Kaufhausbrandstelle. Fotos einzelner Angeklagter. Schwenk über Plakat mit Bild von Ulrike Meinhof: Mordversuch 10.000 DM Belohnung. Polizist mit Waffen, nah. Nebe mit Mädchen.
O-Ton: "Glauben Sie, dass die Baader/Meinhof-Gruppe durch ihre Tätigkeit der sozialistischen Bewegung in der Bundesrepublik schaden kann?" - "Nein, eher nützen. Ich würde voll, ich glaube, dass die Baader/Meinhof-Gruppe versucht hat, die revolutionären Ideen bis zum größten Grad durchzusetzen. Die anderen Gruppen sitzen nur da und quatschen."

04. Dortmund: Wahl des Deutschen Bierkönigs
Dicker Mann, nah, spricht O-Ton über seinen Bierkonsum, ältere Dame, junger Mann, junger Farbiger, älterer Mann, alle O-Ton.
O-Töne: "Es hat Jahre gegeben, da habe ich so an manchem Abend 20 bis 25 Flaschen getrunken." - "Besonders abends wenn ich schlafen gehe, ist das für mich sozusagen mein Schlaftrunk." - "Und nebenbeigesagt: Es macht auch unheimlich schlank." - "Hat nicht so viel Promill." - "Bedeutet für mich Medizin und flüssiges Brot."
Zapfhähne, nah, Glas wird gefüllt. Von gefüllten Gläsern wird der Schaum abgestrichen (Archiv). Gefüllte Biergläser werden auf Tablett gesetzt, von oben gesehen. Innen: Totale, an der Stirnseite: "Bild-Bier-Test! Wer wird deutscher Bierkönig?" Gedeckte Tische, besetzt, Serviererin setzt Gläser vor die Gäste. Allgemeiner Tanz zum Lied "Skandal um Rosi, schon früh am Morgen ..." Bierhahn nah, diverse Biertrinker, nah, bei nachdenklichem Schmecken. Hand, nah, schreibt auf Bierdeckel. Zapf-Wettbewerb: Bierfässer in einer Reihe, Herren und eine Dame beim Zapfen, dazwischen mit Zylinder und Stoppuhr Arnim Dahl. Sieger wird die einzige Dame, mit Krone, nah.

05. Hamburg: Band "Ten Years After"
Ankunft der Band auf Hamburger Flughafen: treten aus dem Gebäude, steigen aus Taxi. Diverse Einstellungen des Konzertes. Applaudierendes Publikum.

06. Steinhuder Meer: Eissegeln
Totale der Eissegler im Gegenlicht. Ranfahrt. Schwenk über alte Zeitung: Allgemeine Illustrierte Zeitung, über Land und Meer. Zeitungsfotos über Eissegeln auf dem Hudson gegen den Chicago Express. Segler prüft Kufe. Vorbereitungen zum Eissegeln. Start des Feldes, die Segler werden angeschoben. Kufen, nah. Diverse Einstellungen des Rennens. Vorbeifahrt einzelner Segler. Wende, nah. Totale im Abendlicht. Sieger wird nicht genannt.

Obbg. Vegel, München, contra SPD
Kamera: Oelsner

Bauerndemonstrationen in Bonn
Kamera: Luppa

Mahler-Prozess in Berlin
Kamera: Pahl
Herkunft: Archiv

Wahl d.dt. Bierkönigs, Dortmund
Kamera: Rieck, Gleitsmann
Herkunft: Archiv

Band "Ten Years After", Hamburg
Kamera: Ahsendorf

Eissegeln Steinhuder Meer
Kamera: Jürgens, Brandes

Anfang und Ende

Gesamtlänge

Dabei-Politik: Aufstand der Väter
Im Münchner Hofbräuhaus gingen Deutschlands sozialdemokratische Linke und Rechte erstmals in den personalpolitischen Clinch. Münchens Vorsitzender Meyer, den die Delegierten in den Fängen der radikalen Jungsozialisten wähnten, kämpfte vergeblich um sein Amt. Zu sehr hatten die Jusos die Partei durch revolutionäre Parolen und Methoden irritiert. Oberbürgermeister Vogel blies zur Treibjagd auf den Vorstand und warnte vor dem Trend zur sozialistischen Kaderpartei.
(Original-Ton): "Dieser politische Trend, er nimmt uns die Möglichkeit und die Macht, die Macht, Genossinnen und Genossen, reale Reformen zu verwirklichen. Es geht um den politischen Weg dieser Partei. Wie können wir München behaupten, wie können wir Bayern erobern und wie können wir unsere Mehrheiten in Bonn so ausbauen, dass die Sozialdemokratische Bundesregierung nicht eine Episode bleibt, sondern ihre Arbeit nach den Wahlen von 1973 auf der Grundlage einer absoluten Mehrheit fortsetzen kann?"
(Original-Ton): "Wir wollen keine Almosen, aber wir wollen ebenso wie alle anderen Berufstätigen unserer Gesellschaft die Früchte unserer eigenen Anstrengungen ernten. Nicht mehr! - Ich appelliere andie Öffentlichkeit und Parlamente. Tun Sie alles, damit nicht die Sozialgruppe Landwirtschaft zu den Ausgestossenen unserer Wohlstands gesellschaft wird."
Deutsch lands Nährstand, der sich als Stierfkind des wirtschaftlichen Fortschritts fühlt, liess 60.000 Bauern in Bonn lang aufgestauten Groll entladen. 10 Prozent höhere Erzeugerpreise fordern die Bauern, um den Anschluss an die Einkommenssteigerungen in der Industrie nicht gänzlich zu verlieren. EWG-Politik und Milliarden-Subventionen haben das Strukturproblem der deutschen Landwirtschaft nicht gelöst. Bauernverbandspräsident Heeremann fordert Hilfe.
Horst Mahler, einst erfolgreicher Anwalt finanzkräftiger Klienten, dann Wortführer und Verteidiger der APO. Damals bekannte er sich noch zur unblutigen Gewalt.
(Original-Ton): "Wenn in dieser Gesellschaft gewaltloser Protest nicht mehr zur Kenntnis genommen wird oder gewaltloser Protest mit Rücksicht auf die Gewalt, die die Polizei gegen uns ausübt, nicht mehr möglich ist, dann halte ich Gewalt als Form oder Ausdrucksform des Protestes für notwendig, und in diesem Sinne auch für politisch gerechtfertigt. - Was glauben Sie, wie weit die Gewalt gehen darf? - Die Gewalt darf nie so weit gehen, dass sie sich gegen Personen richtet. Sie sollte auch nicht so weit gehen, dass Personen zu Schaden kommen können, insbesondere, dass es zu Todesopfern kommen kann."
3 Jahre später muss sich Mahler im Kriminal-Gericht Moabit der Anklage wegen Beihilfe zum versuchten Mord stellen.
Mahler soll bei der Befreiung des Kaufhaus-Brandstifters Baader geholfen haben. Politische Sympathien für die Täter erschweren die Fahndung. UFA-Dabei stellte die Frage:
(Original-Ton): "Würden Sie ein Mitglied der Baader-Meinhoff-Gruppe bei sich zu Hause aufnehmen. Um es vor der Polizei zu schützen? - Ich gebe darauf keine Auskunft." - Wenn die im Moment in Druck wären. - Na, was soll man dazu sagen - schwer, schwere Frage. - Ja, das würde ich machen. - Warum würden Sie das tun? - Ja, weil ich wahrscheinlich allen Bedrängten helfen würde.- Ne, das sind ja keine ehrlichen Leute. - Der Baader hat doch z.B. den Brand gelegt. Er hat also andere Menschen in Gefahr gebracht und das verurteile ich."
Der Kaufhaus-Brand war Auftakt einer Serie von Gewalttaten, gerechtfertigt durch eine Ideologie, mit der sich bis jetzt nur eine radikale Minderheit identifiziert.
(Original-Ton): "Glauben Sie, dass die Baader/Meinhoff-Gruppe durch ihre Tätigkeit der sozialistischen Bewegung in der Bundesrepublik schaden kann? - Nein, eher nützen. Ich würde voll, ich glaube, dass die Baader/Meinhoff-Gruppe versucht hat, die revolutionären Ideen bis zum grössten Grad durchzusetzen. Die anderen Gruppen sitzen nur da und quatschen."

Dabei-Glosse: Bieradel in Dortmund
(Original-Ton): "Es hat Jahre gegeben, da habe ichso an manchem Abend 20 bis 25 Flaschen getrunken. - Besonders abends wenn ich schlafen gehe, ist das für mich sozusagen mein Schlaftrunk. - Und nebenbeigesagt: es macht unheimlich schlank. -Hat nicht soviel Promill. - Bedeutet für mich Medizin und flüssiges Brot."
Bekenntnisse bundesdeutscher Bierfreunde - Treffpunkt unter'm laufenden Hahn in der Welt zweitgrösster Bierstadt, in Dortmund, zur Endrunde im Wettstreit um den Bierkönig der Deutschen Die delikate Aufgabe für die 15 Thronanwärter: 5 verschiedene Biersorten aus deutschen Landen richtig herauszuschmecken. Dabei wird die Stimmung in der Bier-Arena Schluck um Schluck angeheizt. Zwischen Zunge und Gaumen perlt es auf und ab; um auf den Geschmack zu kommen, braucht man Bier-Verstand.
Deutsche Männer können stolz sein: die Bundesrepublik ist der größte Bierbrauer der EWG. 1970 trank jeder Deutsche ab 15 rund 182 Liter.
Die Entscheidung fällt beim Zapf-Wettbewerb: Einfüllen bis zur Strich-Marke in 7 Minuten, ohne dass das Glas überläuft. Deutschlands Hopfen-Profis schieden mit einem bitteren Geschmack auf der Zunge: Sieger wurde eine Frau - die einzige weibliche Teilnehmerin.

Dabei-Musik: Auf weicher Welle
Auf dem Hamburger Flughafen trafen wir sie; die "Ten Years After" aus Nottingham, berühmt geworden auf dem Woodstock-Festival, fest entschlossen, jetzt auch in Deutschland Geld und Beifall zu kassieren. Ihr erstes Konzert war Wochen vorher ausverkauft.
Aus den Musik-Elementen des Blues, des Jazz und der progressive Pop-Musik gelang es ihnen, einen individuellen Stil zu formen: ihre Konzerte gelten bei den Anhängern als musikalische Delikatesse.

Dabei-Sport: Segel auf Kufen
Eissegeln - als attraktives Wintervergnügen auch auf bundesdeutschen Seen beheimatet - hat eine lange Tradition. Vor 100 Jahren berichtete die "Allgemeine Illustrierte Zeitung" von einem spektakulären Sportereignis auf dem Hudson-River: zwei Segelboot gewannen eine Wettfahrt gegen den Chicago-Express. "Rummelplatz-Effekte" sind längst passé. Heute disziplinieren sportlich Regeln und ausgefeilte Technik die Individualisten an der Pinne. Sie haben viele Stunden in der Werkstatt zugebracht, ehe sie ihr hochgezüchtetes Sportgerat über die Startlinie schieben.
Das Steinhuder Meer ist das beliebteste Trockensegel-Revier in Deutschland: das nur 1 1/2 Meter tiefe Binnengewässer garantiert ideale Eisverhältnisse. Ob die zwei Zentner schweren Schlitten auf Tempo 130 kommen, hängt nicht zuletzt vom Schliff der Kufen ab. Er ist das sorgsam gehütete Geheimnis der Eissegel-Fans, die als Wintersportier mit Mut zur Exklusivität bestaunt werden.

Veröffentlichungsdatum:

02.03.1971

Produktionsjahr:

1971

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Jürgens; Luppa; Oelsner; Pahl, Georg; Rieck, Hans Jürgen; Ahsendorf; Gleitsmann

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch