Sacherschließung
01. Bonn: Ratifizierungsdebatte Ostverträge
Willy Brandt spricht O-Ton im Bundestag zur Ratifizierung der Ostverträge: "Zum 1. Mal seit 20 Jahren entfernen wir uns nicht weiter voneinander sondern kommen einander etwas näher." Rainer Barzel spricht O-Ton: "Die Folgen eines Nein würden wir alle zu tragen haben; die Folgen eine Ja würden und allen zugute kommen. Ohne die dafür notwendige Zeit der Gewissensprüfung werden wir alle trotz der langen Bemühungen ´so nicht' heute Abend sagen." Kameramänner auf der Tribüne. Diskussion Scheel-Kiesinger. Brandt und Scheel auf der Regierungsbank. Scheel spricht mit Barzel. Stehend. Strauß, Barzel, Mischnik im Gespräch. Barzel und Strauß gehen nebeneinander. Wehner, lachend, gehend. Barzel gibt Interview O-Ton: "Ich will es aber jetzt nicht überschätzen, weil ich mich jetzt prüfen muss, weil ich zu engagiert war für eine gemeinsame Regierung, die ich im Interesse aller für richtig gehalten hatte und noch halte." Scheel spricht O-Ton im Bundestag: "Wenn Sie eine Schwierigkeit vor sich sehen, dann müssen Sie sie ins Auge fassen und Sie müssen entscheiden, darum herumgehen zu wollen, macht die Sache nicht besser, sondern macht sie meistens noch schwerer." Abgeordnete klatschen. Reporterin an der Kamera. Schütz auf der Abgeordnetenbank. Kiesinger spricht O-Ton: "Die CDU/ CSU-Fraktion hat beschlossen, sich in ihrer größten Mehrheit bei der Abstimmung über die Zustimmungsgesetze zum deutsch-sowjetischen und deutsch-polnischen Vertrag der Stimme zu enthalten." Stimmabgabe. Von Hassel gibt das Ergebnis der Abstimmung bekannt, O-Ton: "Mit Ja 248, mit Nein 10, Enthaltungen 238, damit ist dieser Vertrag, das Ratifizierungsgesetz angenommen." Brandt spricht O-Ton: "Zum ersten Mal seit 20 Jahren entfernen wir uns nicht weiter voneinander sondern kommen einander etwas näher."
02. Pfingstbesucher in Ostberlin
Grenzübergang Friedrichstraße. Leute umarmen sich. Viele Leute mit Regenschirmen warten. Kind trägt Schild Suche Marta Ingold. Taxi fährt. Fahraufnahme Alexanderplatz. Fußgänger in Ostberlin. Dr. Haese interviewt Leute zum Pfingstbesuch der Westberliner: "Ja, also die Durchreise ging sehr schnell - ja, also höchstens 3,4 Minuten." - "In 5 Minuten war ich durch." - "Ganz toll - sehr schnell gegangen." - "Und welche persönlichen Wünsche haben Sie für die weitere Erleichterungen?" - "Dass man auch zwischendurch in der Woche mal fahren kann." - "Und zumindest, dass die Regelung in Kraft tritt, dass es 30 Tage ist, ja, und dass es eben so weiterbleibt." - "Es wäre natürlich unkomplizierter, wenn man nicht erst so lange vorher Anträge stellen muss." - "Dass man einmal das Visum abschafft, zum andern, dass man nicht diese 5 Mark unbedingt umtauschen muss, wenn man jetzt rüberwill." - "Am besten wäre es ja, wenn alle Grenzen offen wären und jeder könnte hingehen, wo er wollte, nicht." - "Naja, am besten wäre es natürlich, es kämen auch die aus dem Osten rüber - aber sonst ist es schon mal ganz gut."
03. Berlin: Heinz Rühmann erhält Spio-Medaille der Filmwirtschaft
Filmausschnitte aus "Der Hauptmann von Köpenick" mit Heinz Rühmann, Rühmann wird von Bürgermeister Klaus Schütz im Rathaus begrüßt und trägt sich in das Goldene Buch der Stadt ein. Heinz Rühmann erhält Spio-Medaille.
04. Hamburg: Iranische Bank
Stadtbild Hamburg: Ost-Weststraße, Mönckebergstraße, Rathaus. Verladen von Kisten im Hafen. Persisches Schiff am Kai. Fleet. Persisches Teppichlager. Verkaufsgespräche. Die deutsch-iranische Handelsbank. Fest zur Schlüsselübergabe bei Eröffnung der Bank. Betrieb in der Schalterhalle. Bankangestellte. Kassenabfertigung.
05. Wolfsburg: Volkslauf
Massenstart der Läufer zum 42 km Lauf. Alter 71jähriger Läufer. Teilnehmerinnen beim Volkslauf. Studien von Läufern auf der Strecke. Sieger läuft durch das Ziel und wird interviewt. Interview von Läuferin. Mann geht mit Stock. O-Töne: "Man muss also täglich trainieren - so etwas 20 bis 25 km." - "Was sind Sie von Beruf?" - "Ich bin bei der Müllabfuhr beschäftigt."- "Ja, jeden Tag ungefähr 5 km laufen." - "Was sind Sie von Beruf?" - "Ich bin Klempner." - Wie alt sind Sie?" - "Ich werde 55." - "Trainieren Sie jeden Tag?" - "Ja, bevor wir ins Geschäft gehen, da laufen wir noch." - "Was sind Sie von Beruf?" - "Zahntechnikerin, weil ich soviel sitze, muss ich mal ein bißchen laufen, nicht."
Herkunft / Inhaltsart
Ostverträge, Ratifizierungsdebatte
Kamera: Luppa, Brandes, Luppa, Pahl, Brandes
Pfingstbesucher in Ost-Berlin
Kamera: Pahl
Heinz Rühmann erhält SPIO-Preis (Klt. "Hauptmann v. Köpenick")
Kamera: Pahl
Iranische Bank in Hamburg
Kamera: Rühe
Volkslauf, Wolfsburg
Kamera: Pahl, Brandes
Anfang und Ende
Gesamtlänge
Sprechertext
Dabei-Politik: Pfingsten in Ostberlin
Pfingsten 1972 - Szenen des Wiedersehens in Ostberlin. Freude und Erleichterung sprechen aus den Gesichtern. Man weiß, die Ostverträge sind ratifiziert: die Entspannung kann weitergehen.
Die Folgen eines Nein würden win alle zu tragen haben; die Folgen eines Ja würden uns allen zugute kommen.
Ohne die dafür notwendige Zeit der Gewissensprüfung werden wir alle trotz der langen Bemühungen 'so nicht' heute abend sagen.
Noch einmal hatte es eine Woche Bedenkzeit für die Opposition gegeben; parlamentarischer Streß in allen Fluren und Räumen des Bundestages. Rainer Barzel hatte sich vom 'so nicht' zum 'so doch' durchgerungen; doch seine Fraktion war in sich zerstritten. Viele CDU-Abgeordnete wollten mit Ja stimmen, nicht zuletzt, um das Berlin-Abkommen nicht zu blockieren. Franz Joseph Strauß und fast geschlossen die CSU blieben beim Nein. Für Barzel begann eine Kraftprobe mit dem starken Mann aus Bayern. Gewissensfreiheit oder Fraktionszwang, staatsmännische Entscheidung oder wahltaktisches Manövrieren, diese Tage haben Rainer Barzel gezeichnet.
Ich will es aber jetzt nicht überschätzen, weil ich mich jetzt prüfen muß, weil ich zu engagiert war für eine gemeinsame Regelung, die ich im Interesse aller für richtig gehalten hatte und noch halte.
Wenn Sie eine Schwierigkeit vor sich sehen, dann müssen Sie sie ins Auge fassen und Sie müssen entscheiden, darum herumgehen zu wollen, macht die Sache nicht besser, sondern macht sie meistens noch schwerer.
Die CDU/CSU-Fraktion entschied sich nicht. Nach fast zweijähriger Diskussion sprach ein Altkanzler das Jein zu den Ostverträgen.
Die CDU/CSU-Fraktion hat beschlossen, sich in ihrer größten Mehrheit bei der Abstimmung über die Zustimmungsgesetze zum deutschsowjetischen und deutsch polnischen Vertrag der Stimme zu enthalten.
'Es ist besser, gemeinsam das Falsche als einzeln das Richtige zu tun - so kommentierte ein CDU-Abgeordneter das Verhalten seiner Fraktion.
Mit Ja 248, mit Nein 10, Enthaltungen 238, damit ist dieser Vertrag, das Ratifizierungsgesetz angenommen.
Zum ersten Mal seit 20 Jahren entfernen wir uns nicht weiter voneinander sondern kommen einander etwas näher.
Die Begegnungen dieser Pfingsttage in Ostberlin waren nur noch selten von der Furcht überschattet, sie könnten einmalig sein. Das gesamtdeutsche Wiedersehen fand am Sonnabend unter tausenden von Regenschirmen statt, sie erschwerten das Wiederfinden, sie verwandelten die Gegend um den Bahnhof Friedrichstraße in ein unüberschaubares Labyrinth, aus dem Rufe, Pfiffe und andere Erkennungszeichen einen Ausweg weisen sollten.
Geduld hatten die Berliner mehr als einmal in der Nachkriegsgeschichte bewiesen. Diesmal belohnte sie der Pfingstsonntag mit Sonne und der Alexanderplatz, die Schokoladenseite Ostberlins, mit Welt-Premierenstimmung, an der nun auch die Freunde und Verwandten aus dem Westen teilhaben konnten.
Viele Gegensätze haben sich verwischt, vieles ist sehr normal geworden und die Besuchsregelung selbst hat ihren zweiten Test bestanden.
Ja, also die Durchreise ging sehr schnell - ja, also höchstens 3, 4 Minuten.
In 5 Minuten war ich durch.
Ganz toll - sehr schnell gegangen.
Und welche persönlichen Wünsche haben Sie für weitere Erleichterungen?
Daß man auch zwischendurch in der Woche mal fahren kann. Und zumindest, daß die Regelung in Kraft tritt, daß es 30 Tage ist, ja, und daß es eben so weiterbleibt.
Es wäre natürlich unkomplizierter, wenn man nicht erst so lange vorher Anträge stellen muß.
Daß man einmal das Visum abschafft, zum andern, daß man nicht diese 5 Mark unbedingt umtauschen muß, wenn man jetzt rüberwill.
Am besten wäre es ja, wenn alle Grenzen offen wären, und jeder könnte hingehen, wo er wollte, nicht.
Naja, am besten wäre es natürlich, es kämen auch die aus dem Osten rüber - aber sonst ist es schon mal ganz gut.
Dabei-Film: Ballade vom Schuster
Der Hauptmann von Köpenick kehrte an den Tatort zurück: Heinz Rühmann, der mit der Ballade vom kleinen verschmitzten Schuster in den 50-iger Jahren Triumphe feierte, ließ sich anläßlich der Wiederaufführung seines Films vom Berliner Bürgermeister ehren. Anschließend nahm er die selten verliehene SPIO-Medaille der Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft für sein künstlerisches Lebenswerk entgegen.
Dabei-Report: Kontraste an der Elbe
Welthandelsplatz - Schnittpunkt internationaler Kontakte - die Stadt mit den meisten Konsulaten: Hamburg, immer noch das Tor zur Welt. Was macht Hamburgs Internationalität im Alltag aus? Hamburg beherbergt zum Beispiel die größten persische Kolonie Europas. Auch für den Iran ist die Hafenstadt längst zum wichtigen Handelsplatz geworden. Allein in den letzen beiden Jahren schlug der Iran im größten deutschen Hafen Exportartikel für rund 130 Millionen Mark um. In den Speichern im zollfreien Teil des Hafens wartet das größte Toppichlager in Europa auf Käufer und Kenner.
Der zunehmende Handel zwischen Persien und der BRD erfordert spezifische Kenntnisse auch im Geldverkehr. Iranische Kaufleute griffen zur Selbsthilfe und gründeten in Hamburg eine Privatbank nach deutschem Recht. Die Schlüsselübergabe an die Direkteren feierte Hamburgs persische Kolonie mit einem Fest.
Die neue Bank will den Außenhandel zwischen beiden Ländern finanzieren helfen, die Bundesrepublik ist inzwischen wichtigster Handelspartner des Iran: im persischen Import besetzt sie vor Japan und den USA den ersten Platz, im Export schon den zweiten.
Dabei-Sport: Topfit mit 65
Sekunden vor dem Start in der Automobilstadt Wolfsburg:384 Sonntagsläufer aus allen Berufen wagen sich auf die olympische Marathonstrecke - 42 Kilometer und 159 Meter. Der jüngste Teilnehmer in der härtesten Laufdisziplin des Abendlandes ist 19, der älteste 71 Jahre alt. Olympia als Trimm-Dich-Sport: 60-jährige - so lauten jüngste Forschungsergebnisse - können sich bei jahrelangem täglichen Training die Kondition eines 40-Jährigen bewahren. Die Zahl der Frauen wächst, die sich durch Sport fit für Beruf und Freizeit halten. Jungbleiben in der Leistungsgesellschaft. 14 Frauen testeten auf dem 42 Kilometer-Rundkurs Kondition und Durchhalte-Willen. Zwei Stunden, 42 Minuten und 6 Sekunden brauchte der Sieger - nur 34 Minuten mehr als die Weltbestzeit. Wir fragten den 40-jährigen Berliner nach seinem Erfolgsrezept:
Man muß also täglich trainieren - so etwa 20 bis 25 km. -Was sind Sie von Beruf? - Ich bin bei der Müllabfuhr beschäftigt. Ja, jeden Tag ungefähr 5 km laufen. Was sind Sie von Beruf? Ich bin Klemptner.
Alle 14 Damen hielten die Laufstrapazen durch. Die Schnellste - mit 50 Minuten Abstand zum Sieger - überrundete 200 männliche Konkurrenten:
Wie alt sind Sie? Ich werde 55. Trainieren Sie jeden Tag? Ja, bevor wir ins Geschäft gehen, da laufen wir noch. Was sind Sie von Beruf? Zahntechnikerin - weil ich soviel sitze, muß ich mal ein bißchen laufen, nicht.
Personen im Film
Barzel, Rainer Candidus ; Brandt, Willy ; Haese, Jürgen ; Hassel von, Kai Uwe ; Kiesinger, Kurt ; Mischnik, Wolfgang ; Rühmann, Heinz ; Scheel, Walter ; Schütz, Klaus ; Strauß, Franz Josef ; Wehner, Herbert
Orte
Ostberlin ; Berlin ; Wolfsburg ; Hamburg ; Bonn
Themen
Sachindex Wochenschauen ; Banken, Bankwesen ; DDR ; Ehrungen ; Grenze DDR/BRD, Grenzen ; Handel, Geldwesen ; Innenpolitische Veranstaltungen ; Interviews ; Kameraleute, Kameramänner ; Filmschaffen ; Freizeit, Freizeitgestaltung ; Pakte ; Photographen ; Schiffahrt ; Sportveranstaltungen ; Städtebilder: Deutschland ; Verkehr: Fußgänger ; Verträge ; Wirtschaft ; Geldwesen ; 17 Findbuch Ufa Wochenschau Ufa dabei
Gattung
Wochenschau (G)
Genre
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