Neue Deutsche Wochenschau 260/1955 19.01.1955

01. Rom: Mendes France besucht Ministerpräsident Scelba
Wachtposten grüßen. Mendes France und Italiens Ministerpräsident Scelba im Gespräch zu europäischen Fragen.
(41 m)

02. Baden-Baden: Deutsch-französische Konferenz
Einfahrt eines Zuges im Bahnhof Baden-Baden. Mendes France nach Ankunft auf dem Bahnhof im Gedränge gehend. Adenauer steigt nach Vorfahrt aus Mercedes. Mendes France betritt Haus. Adenauer neben Erhard und Hallste an Konferenztisch mit Mendes France in Begleitung. Deutsche und französische Fahne weht am Mast. Mendes France gibt Interview nach Konferenz. O-Ton (französisch):"Ich bin sehr glücklich sagen zu können dass wir auf eine Reihe von übereinstimmenden Beschlüssen zurückblicken können, von denen ich, ebenso wie Präsident Mendes France es eben ausgeführt hat, überzeugt bin, dass sie beitragen zur gemeinsamen Tätigkeit unserer beiden Völker, zu Frieden und Stabilisierung Europas und zur Herbeiführung des Friedens auch für die übrige Welt."

03. Bonn/Köln: Überschwemmungen
Bundesgrenzschutzsoldaten tragen Sandsäcke ins Bundeshaus und errichten Sandwälle zum Schutz gegen das eindringende Wasser des Rheins. Überschwemmte Flure des Bundeshauses. Schild im Wasser Durchgang Verboten. Überflutete Straßen in Köln.
(21 m)

04. Stuttgart: Dr. Robert Ernst, ehemaliger Oberbürgermeister von Straßburg, aus französischer Haft entlassen
Schild Lutherstift an Haus. Dr. Ernst besucht nach seiner Haftentlassung seine Eltern im Stift und setzt sich zwischen sie aufs Sofa. Reporter im Zimmer photographieren.
(11 m)

05. Panama: Neuer Staatspräsident Jose Guizada unter Mordverdacht
Nach Ermordung von Staatspräsident Remon wurde Jose Guizada zum neuen Staatspräsident gewählt. Guizada nach der Wahl mit Politikern, alle in hellen Anzügen. (Verhaftung nach einigen Tagen wegen Mitwisserschaft an dem Attentat gegen Remon).
(8 m)

06. Unruhen in Costa Rica
Aufständige dringen von Nicaragua aus in das Land ein. Präsident Fuguero gibt Nicaragua Schuld an den Unruhen und zeichnet Lage auf Landkarte ein.
(11 m)

07. Frankfurt: Demonstration gegen Wiederbewaffnung
Demonstration auf dem Römerplatz mit Plakaten und Transparenten gegen die Wiederbewaffnung durch die Gewerkschaftsjugend, die "Falken", "die Naturfreunde" und den sozialistischen Stundentenbund. Transparente: Aufrüstung ein Bombengeschäft fragt sich für wen - Remilitarisierung verhindert Wiedervereinigung - Nie wieder Krieg - Plakate mit Darstellungen aus der NS- und Kriegszeit.
(15 m)

08. Büchen: Heimkehrer von jenseits der Oder und Neisse
Zug fährt in Grenzbahnhof Büchen ein. Heimkehrer aus den polnischen Gebieten am Zugfenster. Warme Getränke werden ausgeschenkt. DRK-Helferinnen verteilen Schokolade und Früchte. Winken aus dem abfahrenden Zug.
(17 m)

09. Frankreich: Radar - ein Wunder der Technik
Radarschirm dreht sich auf dem Flugplatz Orly. Schaubild der Radarwirkungen. Elektromagnetische Wellen tasten den Luftraum ab. Feste Körper erscheinen auf Bildschirm. Piloten bei Blindfluglandung durch Radar gesteuert.
(21 m)

10. USA: Startvorrichtung für Düsenjäger
Düsenjäger werden von Startrampe mit Rakete hochgeschossen. Startrakete wird nach Start abgeworfen.
(9 m)

11. Hamburg: Ausbildung von Stewardessen der Lufthansa
Theoretischer Unterricht für Stewardessen. Großaufnahme hübsches Gesicht. Praktische Ausbildung im Rumpf einer Convair. Essensausgabe. Stewardessen gehen zum Flugzeug über Rollfeld. Treppe wird herabgelassen. Reiniger an Flugzeug unterbrechen ihre Arbeit und sehen zu den Stewardessen hin. Stewardessen gehen winkend Flugzeugtreppe hinauf. Flugzeugtür schließt sich.
(26 m)

12. USA: Faß-Springen
Eisläufer überspringen Fässer. Auslauf der Springer in Schneewehe. Leo Label, USA, überspringt 15 Fässer = 8,92 m und erreicht damit neuen Weltrekord. Springer springt auf das letzte Faß und stürzt.
(15 m)

13. Berlin: Deutsche Eiskunstlaufmeisterschaften
Wettkampf im Sportpalast. Reklame: Berliner Kindl - Hudora Schlittschuhe sind Weltklasse. Damen: Kür der Siegerin RoslPettinger/München. Paarlauf: Kür der Sieger Franz Ningel (17 Jahre), Marika Kilius (11 Jahre). Herren: Kür des Siegers Mandfred Schnelldorfer (11 Jahre) und Schaulauf. Manfred Schnelldorfer wird nach Lauf von Mutter geküßt.
(41 m)

14. Paris: Mittelgewichtsboxen: Charles Humez schlägt Hans Stretz k.o.
Humez und Stertz in hartem Fight. Nach den ersten Runden boxt Humez überlegen und trifft in der neunten Runde mit schwerem Haken. Stretz muß zu Boden. Ringrichter zählt. Mit elegantem Sprung steht Stretz wieder auf. Humez greift sofort wieder an, drängt Stretz an das Seil. Stretz muß erneut zu Boden, stellt sich aber wieder zum Kampf. Nach Körpertreffern geht Stretz k.o. und wird ausgezählt. Humez hilft Stretz beim Aufstehen und führt ihn zu seiner Ecke. Humez als Sieger, groß.
(32 m)

Titel:

Europ. Gespräche
Kamera: Starke
Herkunft: Incom

Überschwemmung am Rhein
Kamera: Essmann, Grund

Dr. Ernst

Panama Präsident
Herkunft: Metro

Kostarika Unruhen
Herkunft: Metro

Protest in Frankfurt

Heimkehrer
Kamera: Luppa

Radar
Herkunft: Gaumont

Flugzeugstart
Herkunft: Metro

Stewardessen
Kamera: Luppa

Fass-Springer
Herkunft: Metro

Eiskunstlauf
Kamera: Pahl

Boxen: Stretz/Humez
Herkunft: Pathé Journal

Schluss

Europäische Gespräche
Einem engeren Kontakt zwischen Frankreich und Italien diente der Besuch von Mendès-France bei Ministerpräsident Scelba. Von Rom aus fuhr Mendès-France nach Baden-Baden. Es war der erste Besuch eines französischen Regierungschefs in der Bundesrepublik.- Die zehnstündigen Besprechungen des Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Adenauer zeigten eine weitgehende Übereinstimmung in allen europäischen und weltpolitischen Fragen. Beide Politiker äusserten ihre Absichts, zur Entspannung des Ost-West-Verhältnisses beizutragen. - Im Anschluss ah die Beratungen stellten sich Mendes-France und Dr. Adenauer zu einem Interview. (Originalton Mendès-France - anschliessend Originalton Adenauer).

Bonn:
Der Bundesgrenzschutz nicht im Manöver - sondern bei der Eindämmung der Wassermassen, die der wildgewordene Vater Rhein über die Ufer geschickt hat. In Bonn sind die Fluten bis in das Bundeshaus gedrungen. Ein plötzlicher Wetterumschlag führte zu grossen Überschwemmungen der westdeutschen Flüsse und Ströme. - Köln sieht aus wie ein deutsches Venedig. Wo Strassen waren, dehnen sich Wasserwege aus. Viele Orte am Rhein haben den höchsten Pegelstand seit über 20 Jahren.

Stuttgart:
Der frühere Oberbürgermeister von Strassburg, Dr. Robert Ernst, wurde nach 9 jähriger Haft in Frankreich entlassen. In Stuttgart sah er seine Eltern wieder. Mit der Entlassung von Dr. Ernst wurde ein Fall aus der Welt geschaffen, der einen Schatten auf das deutsch-französische Verhältnis geworfen hatte.

Panama:
Nach der Ermordung von Staatspräsident Remon wurde Josè Guizada zum-neuen Präsidenten gewählt. Wenige Tage später wurde er schon verhaftet; wegen Mitwisserschaft an dem Attentat an Remon.

Kostarika:
Unruhen auch um Kostarika. Eine regierungsfeindliche Truppe drang von Nicaragua aus in das Land ein. Die Schuld an dem Miniatur-Krieg liegt nach Ansicht von Kostarikas Präsident Figueros bei Nicaragua. Der Rat der amerikanischen Staaten versucht, den Zwischenfall im unruhigen Mittelamerika beizulegen.

Frankfurt:
Der ehrwürdige Römerplatz erlebte eine politische Demonstration. Die Gewerkschaftsjugend, die "Falken", die"Naturfreunde" und der sozialistische deutsche Studentenbund hatte zum Protest gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik gerufen.

Büchen:
Am Zonengrenzbahnhof Büchen traf der zweite Transport aus den polnisch verwalteten deutschen Gebieten jenseits der Oder und Neisse ein. Er brachte 117 Deutsche in die Bundesrepublik. Die meisten sind Frauen, Jugendliche und Kinder; und viele erfahren zum ersten Mal, eine bescheidene Süsse des Lebens.- Nach 9 Jahren der Sorge, der Not und des ständigen Höffens können sie endlich mit ihren Angehörigen im Westen Deutschlands zusammengeführt werden.

Frankreich:
Auf dem Flugplatz Orly wurde eine neue Radarstation eingeweiht. Radar, das während des Krieges entwickelt wurde, ist heute für die Luftfahrt unentbehrlich geworden. Wie Scheinwerfer den Himmel absuchen, so tasten elektromagnetische Wellen den Luftraum ab. Feste Körper erscheinen in ihren Umrissen auf einem Bildschirm. Ein Flugzeug kann so genau auf bestimmten Flugwegen geführt werden. Nacht und Nebel haben, dank Radar, dem Wunderwerk der Technik ihre Schrecken verloren.

USA:
Ein neues Startverfahren für Düsenflugzeuge wurde in den USA entwickelt. Von einem festen Gestell aus gibt eine Rakete der Maschine die nötige Anfangsgeschwindigkeit. Dadurch kann ein Düsenflugzeug auch dort starten, wo lange Startbahnen nicht vorgesehen sind.

Hamburg:
Die neue deutsche Lufthansa wächst langsam aber sicher, sie braucht mehr als Flugzeuge, Piloten und Bodenpersonal. Die Stewardessen, jene netten Mädchen, die während des Fluges die Passagiere betreuen, müssen in Theorie und Praxis ebenfalls gründlich ausgebildet werden. Der Unterrichtsraum ist hier Rumpf einer Convair. Vorläufig werden etwa 56 Stewardessen und Stewards benötigt. Von Modell und Schulbank geht es zur abschliessenden Ausbildung in eine richtige Maschine. Und bald werden sie alle mit freundlichem Lächeln und ständig hilfsbereit auf den künftigen Flugrouten der Deutschen Lufthansa ihre liebenswürdige Aufgabe erfüllen.

Gehupft Wie Gesprungen
Eine aufregende Meisterschaft wurde in Amerika ausgetragen. Die besten Fass-Springer aus Kanada und den USA zeigten, was sie in den Beinen haben. Da braust Leo Label, USA, heran - ein gewaltiger Satz - und Jubel überall ! 15 Fässer und 8, 92 Meter - das ist absoluter Weltrekord. In diesem Männersport wird durch Kräfte ersetzt, was vielleicht an graziöser Anmut fehlt.

Sensation im Eiskunstlauf
Wesentlich anmutiger ging es im Berliner Sportpalast zu. Hier wurden die deutschen Eiskunstlaufmeisterschaften ausgetragen. Den verwaisten Thron von Gundi Busch eroberte sich die Münchnerin Rosl Pettinger.- Ihr Sieg war eindeutig.- Die 21 jährige war die einzige Meisterin, die man ernsthaft als Seniorin ansprechen konnte. Die anderen Senioren-Titel holten sich die Junioren. Im Paarlauf war die Entscheidung denkbar knapp. Vor Lilli Zettel und Klaus Leuchinger placierten sich mit 0, 2 Punkten Vorsprung die 11 jährige Marika Kilius und der 17 jährige Franz Ningel. - Bei den Herren wurde die Entscheidung vollends unten den Buben gemacht. Der 11 jährige Manfred Schnelldorfer aus München konnte seinen knappen Vorsprung in der Pflicht durch eine selbstbewusste Kür verteidigen. Er wurde Deutscher Meister der Herren 1955.

Charles Humez - Hans Stretz
Deutschlands Mittelgewichtsmeister Hans Stretz kämpfte in Paris gegen Europameister Charles Humez. 5 Runden lang hielt sich Stretz ausgezeichnet. - Humez wird jetzt deutlich überlegen. Pausenlos trommelt er auf den Körper von Stretz ein - und mit einem schweren Haken schickt er ihn auf die Bretter.- Elegant kommt Stretz hoch. Doch sofort ist Humez wieder am Mann. 9. Runde. Im fight zeigt sich das grosse Können des Franzosen. Wieder muss Stretz zu Boden. Noch einmal stellt er sich. Dann beenden zwei Körperhaken den dramatischen Kampf. Sieger durch k.o. in der 9. Runde: Charles Humez. Ein besserer Boxer hat den deutschen Meister geschlagen.

Veröffentlichungsdatum:

19.01.1955

Produktionsjahr:

1955

Kameraführung:

Grund; Luppa; Pahl, Georg; Starke, Rainer; Essmann

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Pathé Journal; Gaumont; Incom; Metro

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch