Neue Deutsche Wochenschau 303/1955 18.11.1955

01. Bonn: Außenminister von Belgien Paul Henry Spaak besucht Heuss
Wagenvorfahrt. Wagenschlag wird aufgerissen. Paul Henry Spaak steigt aus. Polizist vor der Villa Hammerschmidt grüß, groß. Spaak betritt das Gebäude. Diener öffnen Tür, durch die Heuss und Spaak in Begleitung kommen. Gespräch und Händedruck.
(45 m)

02. Rhöndorf: Der französische Außenminister Antoine Pinay besucht Adenauer
Aufschlüsselung aus WIB 177/3: Wagen fährt vor. Wagenschlag wird aufgerissen. Pinay steigt aus und geht neben Von Brentano zum Hause Adenauer. Leute klatschen. Kameramänner. Adenauer im Gespräch mit Pinay (hier etwas kürzer).

03. Bonn: Die ersten Soldaten der Bundeswehr
Aufschlüsselung aus WIB 177/5: Schild mit Bundesadler der Bundesminister für Verteidigung. Verteidigungsminister Theodor Blank geht zur Ermekeil-Kaserne, um dort den ersten Offizieren die Ernennungsurkunden zu überreichen. Blank am Rednerpult unter großen Eisernen Kreuz. Unter den Zuhörern die Generäle Heusinger und Speidel, die mit den anderen Offizieren die Urkunden verliehen bekommen. Soldaten verlassen die Kaserne (hier etwas kürzer).

04. Genf: Ende der Genfer Konferenz
Aufschlüsselung aus WIB 177/1: Flugzeug landet. Außenminister von Brentano geht Flugzeugtreppe hinunter und wird begrüßt. Er kam nach Genf, um die Interessen der Bundesrepublik wahrzunehmen. Die Fahnen der Alliierten vor Balkon. Im Gespräch die Außenminister von Brentano, Pinay, Dulles und McMillan. Vor Kamin treten mit ernsten Gesichtern die Konferenzteilnehmer Pinay, Molotow, Dulles und McMillan. Ohne Ergebnis wurde die Konferenz, die die deutsche Wiedervereinigung und die europäische Sicherheit zum Thema hatte, beendet (hier etwas kürzer).
(14 m)

05. Washington: Empfang in der sowjetischen Botschaft
Zum 38. Jahrestag der Oktoberrevolution empfängt der sowjetische Botschafter Zarubin Gäste zu Wodka und Kaviar. Gäste am Buffet. Großes Bild von Stalin an der Wand der Botschaft. Zarubin und Frau verabschieden ihre Gäste nach dem Empfang.
(11 m)

06. Vatikan: Papst Pius empfängt Filmschaffende des internationalen Produzenten- Kongresses in Rom
Aufschlüsselung aus WIB 177/7: Papst Pius wird auf Sänfte getragen und erteilt Segen. Er begrüßt die Filmschaffenden und unterhält sich mit ihnen. Zum Abschied winkt er mit beiden Händen (hier etwas kürzer).
(17 m)

07. Frankfurt: Ausstellung moderner amerikanischer Kunst
Moderne abstrakte Statuen. Botschafter Conant und Frau in der Ausstellung nach der Eröffnung. Eine symbolhafte Plastik mit dem Namen Heiligtum. Ölbilder von Steward Davis Salzstreuer. Gemälde in Zille-Manier Arbeiter und Bilder von Honore Sharrer. Zwei Frauen von Clarence Carter und ein apokalyptisches Bild. Die ewige Stadt von Peter Blume. Moderner Tiger von Morris Hirschfield.
(30 m)

08. London: Salon der Zweiräder ohne Motor
3 Männer in Bärenkostüm radeln. Verkleidetes Fahrrad. Lange Beine von hübschen Fahrradfahrerinnen. Mann fährt auf Kleinstfahrrad.
(18 m)

09. Düsseldorf: St. Martinstag - Fest der Kinder
lachendes Mädchengesicht. Laternenumzug durch die Stadt. Auf einem Schimmel sitzt St. Martin und schenkt seinen Mantel einem Bettler. Die Kinder sammeln Geschenke.
(23 m)

10. Genua: Rettung für Schiffbrüchige
Rettungsinsel wird in Wasser geworfen und bläst sich auf. Sprung in die Rettungsinsel.
(15 m)

11. Berlin: Hockey-Endspiel um den Silberschild: Berlin - Westdeutschland 0:2
Spielszenen und Torschuß für Westdeutschland. Torszenen. Westdeutscher Sturmlauf führt zum 2:0. Zuschauer stehend. Der Silberschild, groß.
(23 m)

12. London: Fußball Wolverhampton - Dynamo Moskau 2:1
Spielszenen. Zuschauermassen im Stadion. Flanke und Torschuß 1:0 für Wolverhampton. Zuschauer klatschen bildfüllend. Russischer Konter wird abgefangen. Wolverhampton schießt das 2:0. 2. Halbzeit: Dynamo spielt überlegen. Schuß auf den Torwart. Ehrentreffer für Dynamo kurz vor Spielende. Die Mannschaften verlassen das Spielfeld.
(33 m)

13. Budapest: Sandor Iharos/ Ungarn läuft Weltrekord über 5000m
Start. Tabori und Sandor laufen vorn. Dann setzt sich Iharos von dem Feld der Läufer ab, überrundet Läufer und siegt mit neuem Weltrekord in 13 Minuten, 14,6 sec. Zuschauer mit Regenschirmen. Sandor Iharos, groß.
(23 m)

14. Dortmund: Europapreis für 100 km Steher
Radfahrer auf der Bahn in der Westfalenhalle hinter Motorrädern. Reklame Continental an der Bande. Im Rennen die beiden Favoriten Verschueren/ Belgien, und Timoner/ Spanien. Martino/ Italien setzt sich an die Spitze. Zielrichter senkt Fahne. Zuschauer klatschen. Sieger Martino erhält Blumen.
(26 m)

Titel:

Aussenmin. Spaak bei Heuss
Kamera: Essmann, Grund

Pinay bei Adenauer
Kamera: Essmann

Blank + erste deutsche Soldaten
Kamera: Grund, Essmann

Ende der Genfer Konferenz
Herkunft: Cine Journal

Empfang in der russ. Botschaft
Herkunft: Metro

Papst empfängt Filmleute
Herkunft: Vatikan

Kunstausstellung in Frankfurt
Kamera: Starke

Motorradschau
Herkunft: Pathe News

St. Martinstag in Düsseldorf
Kamera: Essmann, Rabanus

Genua: Rettungsboot
Herkunft: Incom

Sport:

Hockey (Silberschild)
Kamera: Jansen

Fu: England-Russland
Herkunft: Pathe News

5000 m-Lauf (Iharos)
Herkunft: Ungarn

Steher-Rennen
Kamera: Essmann, Grund

Schluss

Bericht aus Bonn:
Eine politisch bedeutsame Woche in Bonn. Aus Belgien kam Aussenminister Paul Henry Spaak und besuchte Bundespräsident Heuss. Das Ergebnis des Besuches war der Beschluss, in Kürze deutsch-belgische Verhandlungen über Grenz-Korrekturen zu beginnen.- Aus Frankreich kam Aussenminister Antoine Pinay. Er besuchte in Rhöndorf Bundeskanzler Adenauer. Das harmonische Gespräch der beiden Staatsmänner war getragen vom Geist der gemeinsamen Europäischen Sache.- Drangvoll fürchterliche Enge herrschte auf dem Gelände der Ermekeilkaserne. Verteidigungsminister Blank übergab an Offiziere und Soldaten der bundesdeutschen Wehrmacht die Ernennungsurkunden. Unter ihnen die beiden Generalleutnante Heusinger und Speidel. Die Ernennung fand statt am 200. Geburtstag des Militär-Reformators Scharnhorst. 100 Mann waren es, die als Erste den bunten Rock wieder angezogen haben. Bis 1960 sollen es 500000 sein.

Genf:
Die grosse Konferenz ging ohne praktische Ergebnisse zu Ende. Deutsche Wiedervereinigung und europäische Sicherheit scheinen in weite Ferne gerückt. Das Gespräch am Kamin wirkt wie ein bescheidenes Symbol gegen den Kalten Krieg.

Washington:
Vorerst erfreut man sich jedenfalls noch am kalten Büfett. Denn der sowjetische Botschafter Zarubin gab eine Party. Anlaß war die Feier des 38. Jahrestages der russischen Revolution. Nach Wodka und Kaviar schüttelten sich Ost und West freundlich lächelnd in gastronomischer Coexistenz die Hände.

Vatikan:
Filmleute sind anscheinend doch bessere Menschen; denn Papst Pius empfing sie in Audienz. Es waren die Teilnehmer am internationalen Kongress der Produzenten in Rom. Der Papst appellierte an alle Filmschaffenden, sich ständig zu bemühen, das künstlerische und sittliche Niveau des Films zu heben.

Frankfurt:
Über Geschmack lässt sich streiten. Auf alle Fälle aber zeigte diese Frankfurter Ausstellung einen interessanten Querschnitt durch die moderne Kunst in den USA. "Walfisch" heisst dieses Werk. "Die Krabbe" - ein Gebilde aus Bronze. Botschafter Conant hatte die Schau eröffnet. Sie umfasst über 200 Werke der letzten 50 Jahre. Neben der leicht stilisierten Form steht das Symbolhafte, wie diese Plastik, die "Heiligtum" genannt wurde, "Salzstreuer" heisst das Ölbild von Steward Davis. Honoré Sharrer malte "Arbeiter und Bilder" in sichtlicher Zille-Tradition. Von Clarence Carter sind die "Zwei Frauen". Ein apokalyptisches Gemälde von Peter Blume: Die ewige Stadt. Und ein moderner Tiger von Morris Hirschfield.

London:
Die gute alte Zeit, in der Bärenkräfte wichtiger waren als Pferdestärken, lebte in London auf. Doch auch für die eingeschworenen Knattertons war auf der grossen Fahrrad- und Motorradschau bestens gesorgt. Mit Befriedigung konnten sie feststellen, dass die neue Linie ausserordentlich schnittig ist.
Im Zeitalter der Manager-Krankheit und der Parkraumnot scheint freilich das Fahrrad wieder gross in Fahrt zu kommen. Gerade auf diesem Gebiet gab es manche Überraschungen.

Düsseldorf:
Unberührt von der Hast der Zeit war am St. Martinstag die Stadt Düsseldorf; die Stadt der Radschläger und des Senfs. Da zogen die Kinder aller Jahrgänge mit ihren Lampions durch die Strassen u. sangen ihre alten Liedchen. Höhepunkt des Umzugs ist die legendäre Mantelteilung, die daran erinnert, dass einst Bischof Martin dem frierenden Bettler die Hälfte seines Mantels gab. Und was dem einen recht ist, ist den anderen billig. So zogen die Kinder von Haus zu Haus und keiner liess sich Geizhals nennen.

Genua:
Eine frohe Kunde kommt aus Italien. Im Lande der Sehnsucht wird künftig allen, die im Wasser treiben und Sehnsucht nach dem Lande haben, mit diesem Patentboot geholfen werden. Es bläst sich selbstständig auf und wird zur komfortablen Trockenstube. So wird er nun endlich in Erfüllung gehen: Der Wunschtraum der Schiffsbrüchigen.

Kampf um den Silberschild
Das Ernst Reuter-Stadion in Berlin-Zehlendorf sah das Hockey-Endspiel um den Silberschild zwischen Westdeutschland und Berlin. Die Westdeutschen, ganz in Weiss, traten mit sieben Nationalspielern an; und in der 20. Minute erzielt Buschmann das erste Tor. Vergebens kämpfen in der zweiten Halbzeit die Berliner um den Ausgleich. Die Westdeutschen sind konditionsstärker und haben den entschlosseneren Angriff. Ein zweites Tor durch Nonn entscheidet das Spiel. Durch diesen 2:0-Erfolg wurde Westdeutschland zum vierten Mal auf den Silberschild gehoben.

Sensation im Fussball:
Mit dem Nimbus der Unschlagbarkeit betrat die berühmte Moskauer Mannschaft Dynamo in London den scheinwerferüberstrahlten Rasen zu einem nächtlichen Spiel. Doch die Wolverhampton-Wanderers zerstörten diesen Ruf mit Spielwitz und solider englischer Fussball-Tradition. Einen englischen Angriff unterbindet Krischevsky. Dann aber ist es so weit. Wilshaw gibt zu Slater - es steht 1:0. Der russische Gegenangriff wird abgefangen. Und wieder stürmen die Wölfe. Zweite Halbzeit. Mullen erhöht zum 2:0. Die russischen Gäste drängen. Sie geben sich noch nicht geschlagen. Die letzten Minuten gehören der Dynamo-Elf. Ein prachtvoller Schuss von Iljin bringt das Ehrentor. 2:1 siegt Wolverhampton über Dynamo Moskau.

Weltrekord auf der Aschenbahn
Sandor Iharos, der Ikarus der Aschenbahn, auf der Jagd nach immer höherer Leistung. Ungarns berühmtester Läufer startete in Budepest über 5000 Meter. In dem grossen Feld hat er nur zwei ernsthafte Gegner: Tabori und - die Stoppuhr. Schon wird einer der Läufer überrundet. Tabori fällt zurück. Im kraftvollen Spurt geht Iharos an die letzten 200 Meter. 13 Minuten, 40,6 Sekunden - das ist der geradezu unwahrscheinliche Weltrekord von Sandor Iharos.

100 km Steher-Rennen
Der Wort-Widerspruch von rennenden Stehern wurde hinweggefegt durch den Grossen Europapreis in der Dortmunder Westfalenhalle. 3 Läufe über insgesamt 100 Kilometer werden die Entscheidung bringen. Die grossen Favoriten sind die beiden Weltmeister Verschueren/Belgien und Timoner/Spanien. Nach dem zweiten Lauf bahnt sich auf der Winterbahn eine Überraschung an. Timoner ist zurückgefallen. Neben Verschueren liegt der Italiener Martino. Das grosse Finale ist die Sensation. Den Europapreis gewinnt überlegen der Aussenseiter Martino.

Veröffentlichungsdatum:

18.11.1955

Produktionsjahr:

1955

Kameraführung:

Grund; Rabanus; Starke, Rainer; Essmann; Jansen

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Cine Journal; Incom; Metro; Pathé News

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch