Neue Deutsche Wochenschau 327/1956 04.05.1956

01. Sarzbüttel: Prozess gegen Hexenbanner Waldemar Eberling
Leute gehen in Haus. Richtertisch. Waldemar Eberling vor Gericht. Praktiken des Hexenbanners. In Schlüsselloch wird Watte gesteckt und dorthinein Nadeln, die Hexen vertreiben sollen. Eberling als Wunderheiler massiert Kopf eines Mannes. Kleine Wachstäfelchen werden vergraben um böse Einflüsse fernzuhalten. Frauen als Zuhörer. Sachverständige sagen aus. Waldemar Eberling wird wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz verurteilt. O-Ton: "Ich verkünde das Urteil im Namen des Volkes. Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, und zu einer Geldstrafe von 400 DM verurteilt."

02. Mannheim: Heuss spricht zum Müttergenesungswerk
Frauen auf Liegestühlen in Erholungsheim des Müttergenesungswerkes. Gespräche, Spaziergänge und Spiel im Freien. Heuss in Versammlung. O-Ton: "Die Familie ist die menschliche Reserve gegen die völlige Verstaatlichung und die reine Verberuflichung des Menschen, gegen seine Verameisung, die auch Vereinsamung werden kann."

03. Der 1. Mai in Ost und West
Westberlin: Massenversammlung vor dem Schöneberger Rathaus (500.000 Menschen). Es spricht Oberbürgermeister Suhr. (Notwendigkeit der 40-Stundenwoche) Schild: Wie Lange Noch Schlagbäume Mitten Durch Deutschland. Ostberlin: Vorbeimarsch vor Ehrentribüne. Abordnungen der Volksarmee. Militärfahrzeuge.

04. Berlin: Spionagetunnel
Russen zeigen in- und ausländischen Reportern einen Tunnel mit technischen Geräten amerikanischer Herkunft. Telefonkabel waren zum Abhören von Gesprächen angezapft.

05. Dortmund: Britische Ehrung für deutschen Lebensretter
Botschafter Hoyer-Millar verleiht einem Deutschen die britische Empire-Medaille für die Retter von 2 britischen Kindern vor dem sicheren Tod auf Bahngeleisen. Retter selbst wurde bei der Tat schwer verletzt.

06. Hamburg: Verdienstkreuz 1. Klasse für den Chefkameramann der DW, Erich Stoll
Bürgermeister Engelhard überreicht Erich Stoll das Verdienstkreuz 1. Klasse. Senator Landahl, groß. Rückblick: Erich Stoll bei seiner Arbeit als Kameramann vor Flugzeug, bei Sportveranstaltungen, bei Krönungsfeierlichkeiten in Äthiopien und bei Adenauer.

07. München: Kinderauto
Kleiner Junge sitzt auf Topf. Er geht mit seinem Vater zu Garage und setzt sich in Miniauto, motorengetrieben. Junge startet und fährt.

08. Abenteuer mit Jupp Hussels und Walter Gross: Auf und ab
Jupp Hussels steht hinten auf Perron von Straßenbahn. Walter Gross steigt ein und will wieder abspringen, als er feststellt, in der falschen Bahn zu sein. LKW fährt dicht neben Straßenbahn. Jupp Hussels macht auf die Gefahren des Abspringens aufmerksam Junge Leute springen auf die Straßenbahn auf, einer springt wieder ab vor LKW, der scharf bremst. Hussels und Gross erstarren entsetzt.

09. Budapest: Internationales Frauenturnen
Stufenbarren: Am Stufenbarren turnt Latinia/ UdSSR, Siegerin im Zwölfkampf. Bodenturnen: Boskova/ CSSR wird 3. der Gesamtwertung. Zuschauer klatschen.

10. Dortmund: Schwergewichtsboxen in der Westfalenhalle: James Parker/ Kanada, besiegt Heinz Neuhaus
Gongschlag. Schlagwechsel. Zuschauer gehen aufgeregt mit, halbnah. In den ersten beiden Runden erkämpft sich Neuhaus Punktvorteile. In der 3. Runde trifft Parker voll und Neuhaus fällt zu Boden und wird ausgezählt. Zu spät steht er hastig auf. Parker springt vor Freude hoch im Ring. Parker und Neuhaus im Ring.

11. München: Sandbahnrennen auf dem Oberwiesenfeld
Motorradfahrer in den Kurven beim Sandbahnrennen. Staubwolken wirbeln auf. Zuschauer in den Staubwolken halbnah. Sieger wird Josef Hofmeister bei Siegerehrung mit Siegerkranz. Reklame: Continental Reifen - Firestone - Porsche - Harris Ketten - Volkswagen

Prozess gegen Hexenbanner

Müttergenesungswerk

1. Mai Ostberlin
Herkunft: DEFA

1. Mai Westberlin

Spionage-Tunnel
Herkunft: DEFA

Auszeichnung f. Lebensretter
Kamera: Essmann

Stoll - Ehrung

Dreikäsehoch fährt Auto

"Auf und Ab"

Sport:

Turnen in Budapest
Herkunft: Budapest

Boxen: Neuhaus-Parker

Sandbahnrennen in München

Schluss:

Wie vielfach auf dem Land, so liegt eine bedrückende Atmosphäre mittelalterlichen Aberglaubens über Sarzbüttel, einem Moordorf in Süderdithmarschen. Man glaubt an Hexen, schwarze Magie und böse Gewalten. Jetzt stand in einem Revisionsprozess der Hexenbanner Waldemar Eberling vor Gericht. Dies sind einige der Methoden, mit denen er der Schwarzen Magie zu Leibe ging: die Nadeln sollen verhindern, dass böse Gewalten in den Raum dringen. Auch als Wunderheiler betätigte sich der Angeklagte. Mit Teufelsdreck wurde manche Stube ausgeräuchert. Wachstäfelchen wurden präpariert und eingegraben und sollen schlechte Einflüsse fernhalten. Durch den Aberglauben und durch die Tätigkeit der Hexenbanner werden auch heute noch viele völlig unbeschuldigte Frauen verleumdet und aus der dörflichen Gemeinschaft ausgestossen. Denn niemand will mit den Verdächtigten etwas zu tun haben. Medizinische und andere Sachverständige sowie viele Zeugen wurden im Sarzbütteler Hexenprozess vernommen. Dann sprach das Gericht. Der Angeklagte konnte nur wegen Verstosses gegen das Heilpraktikergesetz verurteilt werden. (Originalton).

Mannheim:
Vor 6 Jahren gründete Frau Elly Heuss-Knapp, die verstorbene Gattin des Bundespräsidenten, das Deutsche Müttergenesungswerk. Ein Werk, das in der kurzen Zeit schon sehr vielen geholfen hat. Allein im vergangenen Jahr fanden etwa 60.000 Mütter in Heimen Erholung und Genesung. Über die Bedeutung der Stiftung im Rahmen der Familie sprach jetzt in Mannheim Bundespräsident Heuss. (Originalton).

1. Mai:
In Berlin läutete die Freiheitsglocke am Festtag der Arbeit. Im Westen der zweigeteilten Stadt trafen sich 500.000 Menschen vor dem Schöneberger-Rathaus. In einer Kundgebung sprach Bürgermeister Dr. Suhr. Erneut wurde auf die Notwendigkeit der 40 Stunden-Woche hingewiesen. Jenseits der Grenze war ein völlig anderes Bild. Zusammen mit der Zivilbevölkerung war die neue Armee angetreten. In endlosen Kolonnen zogen dann die Truppen an den Tribünen vorbei. Das war der Höhepunkt der Ostberliner Feiern zum Tag der Arbeit.

Berlin:
Mit einer Sensationsmeldung warteten in Berlin die Russen auf. Sie zeigten in- und ausländischen Reportern einen sogenannten Spionagetunnel, in dem sowjetische Telephonkabel zum Abhören der Gespräche angezapft waren. Der geheimnisvolle Stollen ist mehrere 100 Meter lang. Nach russischer Darstellung soll die Anlage eine amerikanische Einrichtung sein. Dazu liegt eine offizielle amerikanische Stellungnahme zur Zeit noch nicht vor.

Dortmund:
Zum ersten Mal seit 24. Jahren erhielt ein Deutscher die britische Empire-Medaille. Sie wurde Hans Bühlmann von Botschafter Hoyer-Millar überreicht. Bühlmann hatte zwei englische Kinder vor dem sicheren Tod auf einem Bahngleis gerettet. Dabei wurde er selbst schwer verletzt.

Hamburg:
Eine schöne Auszeichnung erhielt der Chefkameramann unserer NDW Erich Stoll. Hamburgs Bürgermeister Engelhard überreichte ihm als ersten Wochenschau-Kameramann im Namen des Bundespräsidenten das Verdienstkreuz I. Klasse. Stoll, der in diesen Tagen seinen 60. feiert, ist seit 45 Jahren beim Film tätig. Der Senior der deutschen Kameramänner kann auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken. 35 Jahre lang war er auf der Jagd nach der Aktualität. Er scheute keine Gefahr, wenn es galt, eine gute Aufnahme nach Hause zu bringen. Wo immer eine Wochenschau arbeitet, da kennt man den Namen Stoll. Bei fast allen bedeutenden Ereignissen war er dabei. Seine Bilder sah und sieht die halbe Welt. Heute ein Volksfest - morgen das Krönungsjubiläum in Äthiopien. Ein Reporter aus Leidenschaft - das ist Erich Stoll. Überall anerkannt, überall beliebt. (Originalton Adenauer).
Trotz seiner 60 Jahre ist der Chefkameramann der NDW jung geblieben. Sein Wunsch ist, noch lange für die Wochenschau zu arbeiten.

München:
Bedeutenden Ereignissen pflegen langwierige Sitzungen voraus zu gehen. Das ist beim 2jährigen Maxel nicht anders als bei den Erwachsenen und heute ist ein grosser Tag im Leben dieses Dreikäsehochs. Zum ersten Mal wird er selbst Autofahren. Da haben wir ihn, den Sportwagen Modell "Eigenbau". Er verfügt über Vorwärts- und Rückwärtsgang und einem richtigen, kleinen Motor. Sicher ist sicher. Einmal hebt der Sturzhelm das ganze Kerlchen und obendrein erreicht der Rennfahrer von morgen mit seinem "Einen PS" immerhin Geschwindigkeiten bis zu 42 Stundenkilometer.

Auf Und Ab
Das neueste Abenteuer auf der Strasse von Walter Gross und Jupp Hussels. (Originalton)

Turnen der 12 Nationen
In Budapest trafen sich Turnerinnen aus 12 Ländern. Dabei zeigte vor allen die Russin Latinia eine grossartige Barrenübung. Sie wurde Siegerin im Zwölfkampf. Tänzerische Akrobatik führte im Bodenturnen die Tschechoslowakin Boskova vor. Sie kam in der Gesamtwertung auf den dritten Platz. Der Wettkampf war eine vielversprechende Generalprobe für die Olympiade in Melbourne.

Neuhaus - Parker
In der Dortmunder Westfalenhalle kämpfte Heinz Neuhaus gegen den britischen Empire-Meister James Parker aus Kanada. Neuhaus wirkt gut trainiert und hat einen prächtigen Start. Zwei Runden lang sammelt Neuhaus fleissig Punkte. Er liegt deutlich in Führung. Da kommt in der 3. Runde das jähe Ende. Links und rechts trifft Parker und Neuhaus fällt wie eine Eiche im Sturm. Erst als das "Aus" ertönt, steht der Dortmunder wieder auf den Beinen. Er kann seine Niederlage nicht fassen. Sieger durch k.o. James Parker.

Internationales Sandbahnrennen
5 Nationen beim Speedway-Meeting in München-Oberwiesenfeld. Im wilden Tempo rasen die Männer in die Kurven: die Hand am Gas und die Bleisohle auf der Erde. Oft genügt der Bruchteil einer Sekunde und der Traum vom Sieg zerbricht. Wie im Sandsturm der Sahara sitzen die Zuschauer. Aber sie halten eisern durch. In diesem viel Staub aufwirbelnden Rennen errang den Lorbeer des Sieges: Josef Hofmeister.

Veröffentlichungsdatum:

04.05.1956

Produktionsjahr:

1956

Kameraführung:

Essmann

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

DEFA

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch