Neue Deutsche Wochenschau 688/1963 05.04.1963

01. Hamburg. Schwester Bertha - Gründerin der "Straßen-Mission". - Div. Einst. ärmliche Altstadt-Winkel, Schild "Bäcker-Breiter Gang", groß. Ärml. gekleidete jg. Männer betreten den ebenerdigen Raum der Volks-u. Straßenmission, Schwester Bertha mit ihren Gästen bei Gesang und Gebet, Hände eines Mannes mit Gesangbuch, groß, Bild an Wand von Händen in Fesseln, die sich dem Erlöser-Kreuz entgegenstrecken, groß. Die Männer beim Einnehmen einer aus Suppe u. Brot bestehd. Mahlzeit, die von einem Mann ausgeteilt wird. Gemälde "Das Abendmahl", bildf. - Esterer interviewt Männer auf der Straße mit den Fragen "Warum gehen Sie zu Schwester Bertha?" und "Glauben Sie denn das, was da gesagt wird?" (O-Ton). Schwester B. mit weiterer Schwester und einem Mann beim Beten des Vaterunser, ihre Hände mit Gebetbuch und Taschenuhr darauf, groß. Div. vorwiegend Teileinstellungen der andächtigen Männerschar beim Beten des Vaterunser (O-Ton), Schwester Bertha dabei groß. -

02. Brüssel. Erfindermesse. - Notenschreibmaschine und ihre Bedienung. Trockengerät zum Erlernen des Schwimmens, demonstriert durch ein kl. Mädchen. Durch Hosenbeine bedeckte Beinprothesen aus Plexiglas an Puppe ohne Kopf, die sich an der Seite eines führenden Herrn voranbewegt, Prothese wird auf Tisch mit Hand vorgeführt. Hinteransicht Damenfüße in hochhackigen Schuhen, von denen einer ausschlüpft und gegen d. and. Bein reibt. groß, kurz. Demonstr. eines neuen Dosenöffners. Interessiert zuschauende jg. Dame, seitl. groß. Feuersichere bewegl. Schutzkabine für Feuerwehrleute.

03. Frankfurt. Lufttaxi - "Air-Bus". - Überdrehte Trickaufnahmen: Vor Flughafengebäude stoppende Taxe, über das Flugfeld auf den Air-Bus zurennender Herr und Stewardeß. Herr steigt Gangway empor (Hbg. -Fuhlsbüttel); normale Aufnahmen: Start des Flugzeugs, aus Fenster sehender ält. Fahrgast, er dreht sich zur mit Kasse herankommd. Stewardeß um, kl. Wortwechsel, Hände des Herrn ziehen Geldscheine aus Brieftasche, nah, Stewardess legt diese in Kasse, händigt Karte aus, Blick auf die off. Kasse, in die die Stewardeß einen Schein legt, nah, aus dem Fenster blickd. Herr, groß. Stewardeß bietet dem Herrn ein Glas Wasser an, nah. Schild an Tür mit Leuchtschr. "Nicht rauchen - No Smoking" -"Bitte anschnallen - Fasten Seat Belt", nah. Herr verläßt, die Stewardeß grüßend, das Flugzeug, eilt Gangway herab, an deren Fuß ihm ein Koffer in die Hand gedrückt wird, Herr entfernt sich vom Flughafengebäude Frankfurt/M., winkt einem Taxi. -

04. Berlin. Funktaxis für den Ärzte-Bereitschaftsdienst. - Senkrechter Blick von oben auf haltd. Funktaxi und aussteigenden Arzt, dieser verschwindet in einem Hauseingang. Arzt betritt Krankenzimmer, Mädchen erhebt sich von Stuhl neben dem Bett und geht, während der Arzt sich darauf setzt, zum Arzt gewandtes Gesicht der jungen Kranken, groß, Arzt tastet Fußgelenke ab, kurz. Einige Einst. Telefon- u. Funkzentrale des Ärzte-Bereitschaftsdienstes mit arbtd. weibl. Angestellten, Entgegennahme eines Anrufs (O-Ton). - Sockel einer Antenne auf Funktaxe, groß, Taxifahrer auf Fahrersitz führt Funkgespräch und notiert etwas. - Pahl jr interviewt Arzt vor Hauseingang (O-Ton) (Dieser sagt in etwa, daß er gerade zu einem dringenden Fall gerufen worden sei, daß aber leider oft bei nicht dringenden Fällen Bereitschafts-Ärzte angefordert würden, was ja nicht der Sinn des Dienstes sei). Er entschuldigt sich, dass er es eilig habe, setzt sich neben den Fahrer in die Taxe. In den Hintergrund die Straße hinunterfahrende Taxe, total. -

05. Braunschweig. 3. Woche des internat. Puppenspiels. - ("Kleines Welt-Theater"). - Der Franzose Yves Joly mit seinen aus Papier geschnittenen Puppen bei einer Studie "Photographie", agiert mit Assistenten. Ebenfalls unt. seiner Leitung ein eindrucksvolles Spiel von Händen vor schwarzem Hintergrund mit den Themen "Abstrakte Evolution" u. "Feuerwerk". - Die preisgekrönte Braunschweiger Schülergemeinschaft "Studio G 12" mit ihren aus Holz, Glas, Draht u. Blech verfertigten Puppen mit einer Studie, betitelt "Schrottiade", Schülerin b. Drahtziehen, groß.

06. Dortmund. Boxen. Europameisterschaft im Mittelgewicht: P. Müller : Laszlo Pappy. -Div. Einst. Div. Großaufn. von aufgeregten zuschauenden Damen + Herren. Sieger durch techn. K.O.: Laszlo Papp. -

07. Aintree. Grand National. Siehe UFA 349 - etwas and. Schnitt bei den Publikums-Aufnahmen - hier Gregory Peck sprechend, groß. Hinter Wall gestürztes Pferd erhebt sich und läuft ohne Reiter weiter. -

Anfangsmarke 7 m

Hamburg: Schwester Bertha
Kamera: Jürgens

Neuigkeiten

Brüssel: Erfindermesse (Notenschreibmaschine, Trockengerät f. Schwimmer, Beinprothese a. Plexiglas, Schutzkabine f. Feuerwehr)
Herkunft: Belgavox

Frankfurt: Air-Bus
Kamera: Rau

Berlin: Ärzte Taxis
Kamera: Pahl

Braunschweig: Internationale Puppenspiele
Kamera: Seib

Sport

Boxen: Laszlo Papp besiegt Peter Müller durch technischen k. o.
Kamera: Grund, Starke

Grand National
Herkunft: Pathe News

Endemarke 3, 1

Schwester Bertha
(Lied:"Wir sind durch die Welt gegangen, und die Welt ist groß und schön ...") - Diese kleine verwinkelte Welt der Hamburger Altstadt, schon von jeher eine Stätte der Not und Bedürftigkeit, beherbergt seit vielen Jahren ein Kuriosum christlicher Nächstenliebe. Obdachlose, Einsame und Hungernde werden jeden Tag zur Stunde der Dämmerung in einem kleinen, ebenerdigen Raum von Schwester Bertha Kayser erwartet, um mit ihr zu singen, zu beten - und manchmal auch zu bereuen. Schwester Bertha ist 94 Jahre alt. Der Lohn für Andacht und Gebet ist eine warme Mahlzeit. Private Spenden ermöglichen es der Schwester, eine Art von Barmherzigkeit auszuüben, die zwar den Forderungen der Nächstenliebe, weniger aber der Sozialpädagogik entspricht. Denn für das Brot, das hier im Namen Christi gebrochen wird, müssten und könnten viele der Gäste sonst arbeiten. (Originalton/Interviews) Aber unbeschadet von dieser zweckgebundenen Frömmigkeit bleibt das Bild der Schwester Bertha als einer aussergewöhnlichen Frau. Mit der Zähigkeit und Unbeirrbarkeit eines Menschen, der glaubt, verwirklicht sie das Wort von der Liebe zum Menschen, gleichgültig, ob er diese Liebe verdient oder durch Gebete erkauft.

Neuigkeiten
Brüssel: Zu den aufsehenerregenden Neuheiten auf der diesjährigen Erfindermesse in Brüssel, gehört die Noten-Schreibmaschine, von allen Komponisten schon lange herbeigesehnt. Für angehende Schwimmer wird dieses Trockengerät empfohlen. Praktisch und im wahrsten Sinne "fortschrittlich" ist die Beinprothese aus leichtem Plexiglas. Über 200 Erfinder haben in Brüssel ihre neuesten Erzeugnisse ausgestellt. Sie reichen von dem nunmehr endgültig perfekten Dosenöffner bis zur feuersicheren, beweglichen Schutzkabine für Feuerwehrleute.
Frankfurt: Für Fluggäste, die es besonders eilig haben, hat die Lufthansa das Lufttaxi, zu deutsch Air-Bus, eingeführt. Für Airbus-Passagiere entfallen alle sonst üblichen Buchungsformalitäten. Man nimmt die Bordkarte in Empfang, gibt sein Gepäck ab und erhebt sich in die Lüfte. In besonders eiligen Fällen kann man den Flugschein an Bord der Maschine nachlösen. Der Service an Bord ist auf ein Glas Wasser beschränkt. Beim Verlassen des Flugzeugs wird dem eiligen Gast das Gepäck in die Hand gedrückt. Die langen Wartezeiten an der Gepäckausgabe entfallen. Der Air-Bus der Lufthansa soll ausser zwischen Frankfurt und Hamburg auch auf anderen deutschen Strecken eingesetzt werden.
Berlin: Neu für Berlin und beispielgebend für andere Städte ist der Einsatz von Funktaxis für den Ärzte-Bereitschaftsdienst, der Tag und Nacht für dringende Fälle zur Verfügung steht. Alle Anrufe werden sofort über die Telefon- und Funkzentrale an das nächstliegende Taxi übermittelt, das dann so schnell wie es die Polizei erlaubt, den diensthabenden Arzt an Ort und Stelle bringt. (Originalton) Insgesamt sind in Berlin über fünfhundert Funktaxis immer einsatzbereit. Ihre 9.200 Einsätze im Februar dieses Jahres zeigen, dass sie in einer Großstadt wie Berlin bereits unentbehrlich geworden sind.

Kleines Welt-Theater
Was sich mit Phantasie und sparsamen Mitteln erreichen lässt, zeigten die Teilnehmer an der dritten Woche des internationalen Puppenspiels in Braunschweig. "Photographie" ist der Titel einer Studie des Franzosen Yves Joly, der seine "Schauspieler" aus Papier schneidet. Erstaunliche Wirkungen erzielt Joly mit dem Spiel von Händen vor einem schwarzen Hintergrund. Seine Themen: Abstrakte Evolution und Feuerwerk. Holz, Glas und Draht und Blech verwendet die preisgekrönte Braunschweiger Schülergemeinschaft "Studio G 12". Sie hat ihr Spiel der phantasievoll verwerteten Abfälle kurz "Schrottiade" getauft.

K.O. Niederlage
In der Dortmunder Westfalenhalle lieferten sich der deutsche Mittelgewichtsmeister Peter Müller und der ungarische Europameister Laszlo Papp einen kurzen, aber erbitterten Kampf. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, übernimmt der Ungar schon in der ersten Runde die Rolle des Angreifers, während Peter Müller versucht, vor allem im "Infight" zu Vorteilen zu kommen. Obwohl er durch starkes Nasenbluten behindert ist, versucht der Herausforderer durch schnelle Linkshaken einen Punktvorteil zu erreichen, dringt aber nur selten durch die Deckung des Titelverteidigers, der seinen Plan in die Tat umsetzt und wesentlich schneller, ansatzloser und nachdrücklicher kontert. In der 4. Runde klebt Laszlo Papp am Mann und landet blitzartige Kopf-Körper-Schläge, bis die Deckung des Kölners nicht mehr funktioniert und Peter Müller am Rande des K.O.'s steht. Das ist das Zeichen für Schiedsrichter Tommy Little, den Kampf frühzeitig zu beenden. Sieger und Europameister bleibt der Ungar Laszlo Papp.

Ein Aussenseiter gewann
145.000 Zuschauer versammelten sich auf dem Turf von Aintree bei Liverpool. Sie waren gekommen, um das Grand National zu sehen und was sie erlebten, war einer der spannendsten Rennen, die je gelaufen wurden. Ab geht das Feld von 47 Pferden. Sofort setzt sich "Out and About" - Nr. 13 - an die Spitze und mit einer Länge Vorsprung nimmt er das erste Hindernis. 23 Pferden werden die Hindernisse zum Verhängnis, aber die Stürze verlaufen harmlos. Lediglich vier Jockeys werden leicht verletzt. Noch führt Jockey Gifford mit "Out and About" vor dem übrigen Feld. Beim 26. Hindernis passiert es: "Out and About" setzt den Sprung zu kurz an und stürzt. Die Position verändert sich, aber der favorisierte "Springbok", "Carrickbeg" und der krasse Aussenseiter "Ayala" rücken auf. Das Ergebnis ist immer noch offen. Im Einlauf führt "Carrickbeg", aber buchstäblich auf den letzten Metern geht "Ayala" mit Jockey Buckley an "Carrickbeg" vorbei und gewinnt den bisher höchsten Preis von 240.000 Mark.

Veröffentlichungsdatum:

05.04.1963

Produktionsjahr:

1963

Kameraführung:

Grund; Jürgens; Pahl, Georg; Rau, Kurt; Seib, Gerhard; Starke, Rainer

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Belgavox; Pathé News

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch