Die Zeit unter der Lupe 745/1964 05.05.1964

01. Mai in Berlin. Ende der Blockade. Hinter Stacheldraht das Brandenburger Tor. 2 Volkspolizisten sehen durch ein Fernglas (total). Teileinstellung der Quadriga (groß). Schrift vor dem Reichstagsgebäude Einheit, Frieden, Freiheit (total und groß), Menschenansammlung auf dem Platz vor dem Reichstagsgebäude. Fahnen über einem Schild "Gegen Preistreiberei", Menschenmasse (bildfüllend unter Transparent "Berlin Grüsst Ludwig Erhard". Willi Brandt spricht (O-Ton) halbtotal, Menschenmasse (total), Hinter Willi Brandt Pressephotograph mit Kamera. Ludwig Erhard spricht (O-Ton) halbtotal. Junges Mädchen mit Kopftuch als Zuhörerin (groß) vor einem Mann und einer Frau. Bildfüllende "Menschenmasse, von oben gesehen. Landendes Flugzeug der Luftbrücke. Berliner stehen auf der Strasse um Lautsprecherwagen. Sprecher spricht durch Mikrofon vor der zerstörten Gedächtniskirche und verkündet Ende der Blockade. Unter wehenden Berliner Fahnen Menschenansammlung. Adenauer spricht (O-Ton) total. Klatschende Zuhörer, Mit Menschenmasse gefüllter Platz (total). Frauen beseitigen Trümmersteine als Strassensperre zwischen Ost - und Westberlin. Auf einem fahrenden Volkswagen steht ein Mann mit brennenden Fackeln. Hinter Absperrungsplanke Zuschauer. Kameramann mit laufender Kamera, kniend (total). Sekundenzeiger läuft auf einer Armbanduhr (groß). Zwischen Autos und Menschen geht eine Schranke hoch. Lokomotive mit Schild "Berlin Grunewald" Eisenbahnzugschild "Köln - Berlin Friedrichstrasse" Bahnhofsvorsteher hebt Abfahrtsschild. Lokomotive fährt an. Aus den Fenstern winken Leute. Zurückbleibende auf dem Bahnsteig winken. Rollender Güterzug. Kohlengefüllt e Güterwagen. Überfüllter Zug steht auf dem Bahnhof Helmstedt. Musikkapelle spielt (total). Winkende Leute neben fahrenden Omnibussen. Ernst Reuter spricht (O-Ton) groß: "Ende der Blockade, Aufbauwillen der Berliner."

02. Lübke in Chile. Verkehr in einer Strasse von Santiago. Junge deutsche Auswanderin spricht über Lübke Besuch (O-Ton). Bundespräsident Lübke und Frau Lübke mit Blumen im Arme (halbtotal) werden von einem blonden Kind begrüßt. Lübke legt den Grundstein für ein deutsches Krankenhaus und mauert Urkunde ein (halbtotal). Parade. Musikkapelle. Chilenische Kadetten mit hohen Helmen marschieren in deutschem Paradeschritt. Lübke steht in einer Reihe von Herren (total). Vorführung von chilenischen Volkstänzen. Beine der Tänzer in Tracht mit Sporen an den Stiefeln und der Tänzerinnen.

03. Unfallstory (Leiter). mit Anfangsmontage. Menschengewimmel in verkehrsreicher Strasse. Fußgängerübergangsschild. Mann versucht auf Strassenbahn aufzuspringen und fällt hin. Fahrradfahrer fährt gegen haltenden Wagen und fällt hin. Das Auto fährt über das Fahrrad. Bauarbeiter sitzt vor einer Baustelle auf der Bank, Brett fällt von oben neben ihm zu Boden (total). Arbeiter füßte gehen rückwärts und treten in ein offenes Siel auf der Strasse. Günter Jerschke als Beerdigungsunternehmer steht neben einem Sarg. Er spricht (O-Ton). Er zieht sich einen Handschuh aus. Neben ihm legt Mann Revolver an die rechte Schläfe, dann an die linke Schläfe. Schlinge eines Seiles zum Aufhängen fällt von oben. Zug fährt durch die Nacht. Mann springt vom Hochhaus. Leiterausschnitt mit geflickter Stufe. Maler nimmt Leiter, stellt sie an, steigt hinauf. Unter dem Fuß biegt sich eine geflickte Leitersprosse durch. Maler steigt höher hinauf. Die obere geflickte Stufe bricht. Der Fuß rutscht ab. Maler hängt an der Dachkendel. Die Leiter fällt um. Langsam lösen sich die Hände, schaukelnde Beine. Günter Jerschke läßt den Sargdeckel zufallen - "Denn bei mir liegen sie richtig".

04. Königin Julianas Geburtstag. Königin Juliane, Prinz Bernhard, die Prinzessinnen Beatrice, Margriet und Mariekje stehen vor Schloß Sjoestriek und klatschen. Menschen vor dem Schloß. Juliane, seitlich groß, neben Prinz Bernhard. Juliana fährt neben Prinz Bernhard und mit den Töchtern in geschmücktem Auto winkend vorbei (total).

05. Hochzeit Prinzessin Irene und Prinz Hugo Carlos von Bourbon Parma. Ein Anhänger der Carlisten in Carlistenkleidung wirft sich zu Boden und strampelt mit den Beinen. Musikanten in Carlistenkleidung. Prinzessin Irene im Brautkleid geht neben Prinz Hugo Carlos zwischen Menschenmasse zur Trauung (total). Das Brautpaar betritt die Kirche Santa Maria Maggiore. Kuppel der Kirche (groß). Das Brautpaar vor dem Altar (total) bei der Hochzeitszeremonie. Festliche Hochzeitsgäste, stehend (total). Prinzessin Irene und Prinz Carlos Huga beim Verlassen der Kirche, von hinten. Männer drängen Leute beiseite, um Platz für das Brautpaar zu schaffen. Photographen drängen sich. Prinzessin Irene und Hugo Carlos in Menschenmasse (total).

06. Surf in Paris. 4 junge Surftänzer aus Madagaskar mit Seemannsmütze laufen auf ein Schiff. 2 Tänzerinnen in gleicher Kleidung sitzen neben einem Steuerrad auf dem Schiff. Kopf einer Tänzerin mit Seemannsmütze vor dem Eiffelturm (groß). Die 6 Tänzer tanzen vor dem Eiffelturm. Zusammengesteckt Köpfe sehen im Kreis nach unten. Sie tanzen auf einem Seineschiff Surf. Sie springen von der Strassenbahn. Vor dem Arc de Triompfe stehen die 4 jungen Männer und 2 Mädchen in einer Reihe hintereinander auf und stehen dann hintereinander. Singende Madagaskar-Mädchen (groß). Die Sechs auf dem Seineschiff nebeneinander sitzend und singend. Fahrt in einer Kutsche vorbei am Arc de Triomphe. Lachende Gesichter. Sie laufen eine Treppe hinauf und durch auffliegende Tauben hindurch.

Anfangsmarke 4,6 m

Zeitbühne

1. Mai in Berlin Ende der Blockade
Kamera: Pahl, Brandes

Blickpunkt

Lübke in Chile

Der Gute Tip

Anfangsmontage Unfallstory (Leiter)
Herkunft: Archiv

Im Rampenlicht

Königin Julianas Geburtstag
Herkunft: Polygoon

Hochzeit Irene u. Hugo Carlos
Herkunft: Incom

Aktuelle Takte

Surf in Paris (6 Madegassen)
Herkunft: Pathé Journal

Endemarke 3,- m

Zeitbühne:
Im Schatten der Mauer, nur zwei Kilometer von der Stelle entfernt, wo sich am Tag der Arbeit die Gewaltherrschaft in militärischer Stärke manifestierte, traf sich die Bevölkerung des freien Berlins. Die Maifeier vor dem Reichstaggebäude wurde wie immer seit den Tagen Ernst Reuters zu einem Bekenntnis im Namen aller Deutschen in Ost und West: "Solange die Unterdrückung und Ausbeutung, wo auch immer in der Welt die Menschen knechten, sind wir alle nicht frei. Wir sind nicht bereit, uns politisch zu beugen vor einer Macht, die Menschenjagd veranstaltet, auf alle, die die Freiheit suchen." - "Auf diesem Platz wird keine militärische Macht demonstriert, auf diesem Platz sind keine Menschen gegen ihren Willen gekommen, auf diesem Platz steht wieder das freie Volk des freien Teils der deutschen Hauptstadt, von niemanden befohlen und doch zu Hunderttausenden herbeigeeilt."
Die Zeitbühne blendet zurück auf ein Ereignis, das zur bedeutendsten Dokumentation für den Willen der Berliner zur Freiheit geworden ist. In den Maitagen vor 15 Jahren übertönte die Flugzeuge der Luftbrücke eine Nachricht aus den Lautsprecherwagen des RIAS: Die Blockade ist aufgehoben. Noch am gleichen Abend dankt der damalige Präsident des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer, den Berlinern für ihre Opferbereitschaft, die den Versuch scheitern ließ, Westberlin in den Sowjetblock einzubeziehen:
"Berliner, Berlinerinnen, Freunde! Der Parlamentarische Rat in Bonn ist der Einladung nach Berlin gefolgt aus einem Herzensdrang erfüllt aus tiefer Dankbarkeit für Euren Kampf, für Euer Leid, für Eure Geduld, die jetzt zum Sieg geführt hat."
Während der Blockade waren es Straßensperren, die Ost- und Westberlin voneinander trennten. Sie werden von der Bevölkerung als erstes beseitigt.
Dann heben sich die Schranken an den Verbindungswegen von und nach Berlin. Nach einem knappen Jahr, am 11. Mai 1949, pünktlich um 24 Uhr, endet jener Zustand, in dem 21/2 Millionen Menschen durch 1,4 Millionen Tonnen Luftfracht versorgt wurden.
Der Verkehrestrom zwischen Westdeutschland und Berlin, der unmittelbar nach Beendigung der Blockade einsetzt, gibt der Wirtschaft Westberlins die Chance zum Neubeginn. Den ersten Unternehmungslustigen, die bei Helmstedt die Interzonengrenze passieren, folgten allein im vergangenen Jahr 1963 über 6 Millionen Reisende. Die erste große Bewährungsprobe, von der Ernst Reuter sprach, hat Berlin bestanden.

Blickpunkt:
Santiago de Chile, Hauptstadt eines deutschfreundlichen Landes empfing Heinrich Lübke: "Es war wie ein Besuch von Verwandten, von unserer alten Heimat, der Heimat meiner Eltern, von der Kultur, von der Sprache!"
Bei dem Besuch des deutschen Bundespräsidenten in Chile entschieden keine Geldgeschenke über die herzliche Atmosphäre dieser Begegnung. Sie stand vielmehr im Zeichen gegenseitigen politischen Vertrauens und einer hundertjährigen Freundschaft zwischen beiden Ländern, die nicht zuletzt durch jene kleinen Gesten, wie sie bei Staatsbesuchen unentbehrlich geworden sind, gefestigt werden soll. War es hier für ein deutsches Krankenhaus der Grundstein, so erinnerte den Bundespräsidenten wenig später eine preußisch anmutende Parade, dass dieses Gastland zur Heimat für die größte deutsche Kolonie Lateinamerikas geworden ist.
Doch weder die Deutschfreundlichkeit noch die Grandezza chilenischer Volkstänze sollten darüber hinwegtäuschen, dass der Wahlkampf in Chile in vollem Gange ist, in dem sich der Kandidat der kommunistisch orientierten Volksfront bereits einige Chancen ausgerechnet hat.

Der gute Tip:
Tausende von Unfällen im Jahr sind ein deutlicher Beweis, dafür, dass die Kurve des Leichtsinns in Deutschland noch immer im Steigen ist. Wir erlauben uns daher, Ihnen, verehrte Zuschauer, einen Herrn vorzustellen, der sich auf seine Weise mit dieser Tendenz unserer Zeit auseinandersetzt "In meiner langjährigen Praxis habe ich festgestellt, daß es rund 17.496 verschiedene Möglichkeiten gibt, freiwillig aus dem Leben zu scheiden! "Sie können sich von rechts erschießen
Sie können sich auch von links Erschießen.
Sie können sich aufhängen,
vor einen Zug werfen
oder aus dem 14. Stockwerk springen.
Sie können es aber auch einfacher haben. Sie brauchen nämlich nur diese ider eine ähnliche Himmelsleiter zu nehmen.
Die kleinen Schönheitsfehler sollten Sie nicht stören.
Im Gegenteil - haben Sie Vertrauen zu Ihrer Flickarbeit.
Und nun, nachdem Sie schon so weit gekommen sind, erledigt sich alles andere wie von selbst.
Jetzt langsam entspannen - und - fallen lassen, ... ... denn bei mir liegen Sie richtig!"

Im Rampenlicht:
Volk und Regierung huldigten ihr, aber ihre Zweitälteste Tochter hatte in Rom etwas anderes zu tun. In einer adelspolitisch-prekären Situation beging Königin Juliana der Niederlande ihren 55. Geburtstag, denn zu gleicher Stunde tummelten sich in der Ewigen Stadt die Carlisten, das politisch exponierte Hochzeitsgefolge des Spaniers Carlos Hugo. Nach monatelangem Tauziehen ist es ihm gelungen, Irene von Oranien heimzuführen und - in leicht absetzbarem Illustriertenklatsch einen markanten Punkt zu setzen.
Santa Maria Maggiore bot die ehrwürdige Kulisse für ein zart gehauchtes "Sit" und eine zerdrückte Träne, die findige Beobachter zwischen Seide, Organza und holländischen Spitzen entdeckt haben wollen.
An diesem großen Tag gab manch ein Vater seiner Tochter die erste Lektion in Sachen Liebe. Über konfessionelle Staatsprobleme, Rebellion und Intrigen zwischen der höchsten Aristokratie Europas führte der dornige Weg einer widerspenstigen Prinzessin und eines prestigehungrigen Bräutigams. Doch in der harten Zeit der Bewährung hat die Prinzessin keinen Schaden genommen. Im Gegenteil - so meinen die Holländer, sie ist schlanker geworden.

Aktuelle Takte
Sie denken nicht ans Heiraten und nicht ein einziger Tropfen blaues Blut fließt in ihren Adern. Aber die Interpretation ihrer Gefühle in dieser Jahreszeit, gewürzt mit exotischem Charme, erschloss ihnen eine Weltstadt. Es sind die 'Surfs' - sechs junge Leute aus Madagaskar, denen es in wenigen Tagen gelungen ist, die Seine-Stadt für den Modetanz dieses Frühlings zu erobern.

Veröffentlichungsdatum:

05.05.1964

Produktionsjahr:

1964

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Pahl, Georg

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Polygon; Pathé Journal; Incom

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch