Die Zeit unter der Lupe 764/1964 15.09.1964

01. Pastor Dr. Martin Luther King in Berlin. Martin Luther King (groß) vor vielen Mikrofonen spricht (O-Ton). Auf der Strasse in Harlem schiebt Negerin eine Karre mit Lumpen. Schild an Haus "Bar Harlem Grill". Neger steht an einem Laternenpfahl. Neger in den Strassen von Harlem. Junge Negerin geht über die Strasse. Gesicht einer gehenden Negerin (seitlich, halbnah). Neger beim Einsteigen in den Autobus. Die amerikanische Fahne hängt über der Tür eines Klassenzimmers. Schwenk nach unten auf 3 Negerjungen in der Schulbank. Negermädchen und Negerjunge nebeneinander sitzend. Negerlehrerin. 2 Negermädchen klatschen in der Schulbank in die Hände. Negerjunge schläft auf dem Schultisch, mit dem Kopf auf dem Tisch. Strassenbild von Harlem. Junge Leute lesen Zeitung. Ein weißer und ein farbiger Polizist unterhalten sich. Wohnblock. Luftaufnahme auf Terasse mit Liege. Negerin in Shorts steht auf und geht in das Haus. Front eines Häuserblocks mit Feuerleitern von Stockwerk zu Stockwerk. Wäsche hängt an Leine vor Fenster. Neger, die Plakate umgehängt haben, machen einen Umzug. Negerversammlung. Redner. Farbige und weiße als Zuhörer. Negertrommler (groß). Kopf eines Negers mit Zigarette (groß). Negertanz. Hand auf Trommel (groß). Extatischer Tanz eines Negers mit Fackel. Leuchtschifft über Bars. Barmixer. Negerin (groß). Hände spielen auf dem Klavier. Negerpianis. In Gläser wird aus Flasche Schnaps gegossen. junge Negerin mit Zigarette (groß). Strasse mit Mülltonnen und Abfällen. Alte Negerin mit Lockenwicklern sieht aus Fenster (total).

02. Konzileroffnung in Rom. Einzug des Papstes, der auf Sessel getragen wird und die Anwesenden segnet. In der Kirche sind Priester versammelt. Der Papst sitzt auf Sessel und verliest Ansprache. 2 Priester stehen neben ihm.

03. 20. Jahrestag der Marneschlacht mit de Gaulle. de Gaulle schüttelt die Hände der Bevölkerung. Denkmal für die Gefallenen des 2. Weltkrieges. de Gaulle legt einen Kranz nieder (total). de Gaulle legt die Hand an die Mütze und grüßt. de Gaulle, im offenen Wagen fahrend, grüßend (total) in Reims. Fahnenträger mit historischen Fahnen stehen am Rand der Strasse. Schwenk über die Front der Kathedrale von Reims. Schwenk über Menschenmenge auf dem Platz vor der Kirche. de Gaulle spricht vor der Kirche (total). Vorbeimarsch von Truppen (kurz).

04. Baustelle der Saale-Brücke. Parkende Autos auf einer Strasse. Spaziergänger. Schild "Betreten des Grundstückes verboten". Die Saalebrücke bei Hof (total). Leute mit Ferngläsern sehen zur Brücke hinüber. Die zerstörte Brücke, Teileinstellung. Wachturm auf ostdeutschem Gebiet. Grenzposten vor einer Trennwand aus Brettern auf der Brücke.

05. Millionster Gastarbeiter. Bahnhofsuhr auf dem Kölner Hauptbahnhof zeigt 1/2 10 Uhr. Unter der Uhr fährt ein Zug ein (Die Zugdächer sind sichtbar). Kameramann Jürgens hinter der Kamera dreht am objektiv. Spanische und portugisische Gastarbeiter an den Abteilfenstern. Gepäck wird aus den Fenstern gereicht. Gastarbeiter auf dem Bahnsteig. Spanischer Tanz auf dem Bahnsteig. Moped (groß). der millionste Gastarbeiter. Ihm wird ein Diplom überreicht. Klatschende Gastarbeiter. Der millionste Gastarbeiter mit Blumen und Moped.

06. Unfallstory Nr. 2 (Mädchen auf dem Stuhl). Günter Jerschke als Arzt, zieht sich die Gummihandschuhe an und steht vor Operationstisch. Er spricht (O-Ton) Fingerhakler, Catcher, Kunstkraftsportler (Archiv). Kopf Jerschke (groß). Hand eines Mädchens blättert im Karteikasten nach Karten. Sie steht auf und versucht aus dem obersten Fach eines Wandbordes eine Akte herunterzuholen, indem sie an dem Regal hoch steigt. Sie sieht sich um und steigt wieder hinunter. Sie holt einen Bürostuhl und steigt hinauf. Füße mit hohen Hacken auf dem Stuhl. Hand tastet oben nach Schriftstücken. Mädchen fällt vom Stuhl. Günter Jerschke klopft auf eingegipstes Dein vor sich.

07. Olympiamannschaft bei Erhard. Olympiateilnehmer in Olympiadress. Wiltrud Urselmann gibt Erhard die Hand. Erhard begrüßt die Teilnehmer. Gerhard Hetz vor Erhard. Erhard spricht (O-Ton) halbtotal. Neben ihm steht Höcherl.

08. Leichtathleitkwettkampf Deutschland - Polen. Herbert Salomon beim Speerwurf erreicht 77.15. Der Pole Sidlo wirft den Speer 80,59 m und wird Sieger (Zeitlupe). Fliegender Speer und Aufprall. 4 x 100 m Staffel. Stabwechsel. Die polnische Mannschaft führt. Letzter Stabwechsel an Obersiebbrasse in Zeitlupe. Nach Staffelübergabe stürzt der deutsche Läufer. Obersiebbrasse läuft als 2. durchs Ziel. Finger drückt auf Stoppuhr. (groß). Kind schläft in einer Sportkarre. 110 m Hürdenlauf. Sieger: Hinrich John, Deutschland. (zeitlupe). Stabhochsprung: Es springt Sokolowski, Polen, 4,80 m und Klaus Lehnertz, Deutsch land, 4,90 m (Zeitlupe)

Anfangsmarke 4,6 m

Blickpunkt

Pastor Dr. Martin Luther King in Berlin
Kamera: Pahl, Arndt

Negerviertel Harlem in New-York
Herkunft: Gaumont

Informationen

Konzil-Eröffnung, Rom
Herkunft: Incom

20. Jahrestag d. Marne-Schlacht/De Gaulle
Herkunft: Gaumont, Pathé Journal

Baustelle der Saale-Brücke
Kamera: Vlasdeck

Millionster Gastarbeiter
Kamera: Jürgens, Brandes

Unfallstory Nr. 2/ Mädchen auf d. Stuhl

Sport

Erhard und die Olympia-Mannschaft
Kamera: Jürgens

Leichtathletik Polen-Deutschland
Kamera: Jürgens, Brandes, Wiers

Blickpunkt:
Martin Luther King in Berlin.

O - Ton
"Der Geist des Herrn hauchte in uns hinein die Stärke und den Atem des Lebens und die trockenen Knochen meines Volkes bekamen Fleisch, und Mut und Glauben und begannen in die Freiheit - in das Land der Freiheit zu gehen."
Für eine Viertelmillion Farbige von New York endet die gesetzlich verbriefte Freiheit und Gleichberechtigung, wo rassische Vorurteile und Fanatismus, wo Haß und mißverstandenes Selbstbewußtsein zum Gebot erhoben werden. Unsichtbare Schranken zwischen Weiß und Schwarz, zwischen Wohlstand und Armut begrenzen das Ghetto der Farbigen von New York - Harlem.
Jeder vierte Bewohner dieses Elendviertels ist ohne geregelten Verdienst. Er findet keine Arbeit - oder will keine.
Die Kinder lernen, daß auch sie Bürger der Vereinigten Staaten sind, aber die Hälfte aller Jugendlichen verläßt die Schule lange vor der Zeit und das Milieu hält sie gefangen, in dem sie groß geworden sind. Die Jugend-Kriminalität in Harlem ist dreimal so groß, wie in den anderen Teilen der Stadt.
Hinter den wenigen sauberen Fassaden leben bessergestellte Farbige, denen der Ausbruch in die weißen Vorstädte noch nicht gelungen ist, oder aber jene, die an Not und Armut von Harlem verdienen.
Die Hoffnungen, in die Gesellschaft aufgenommen zu werden, knüpfen sich an Forderungen, die heute nur auf dem Papier der Transparente stehen oder leidenschaftlich diskutiert werden. Abriß der rattenverseuchten Wohngebiete, Neubau von Forschungs-Stätten, Berufsschulen und Krankenhäusern - ein Plan, der 20 Jahre Vollbeschäftigung in Harlem garantiert - ein Plan, über den Washington 1965 entscheiden will. Heute aber - so heißt es - stehen dem Harlem-Neger nur drei Möglichkeiten offen sich einzureden, er entfliehe seinem Schicksal: die Religion, das Rauschgift und der Jazz.
Einer entmutigenden Wirklichkeit setzt Martin Luther King Hoffnung und Zuversicht entgegen.
"Wir glauben, daß der Neger aufgerufen ist, das Gewissen unserer Nation zu sein; und indem er dies Gewissen ist, werden wir es unserer Nation möglich machen, ihre besondere Rolle in der Geschichte unter Gott zu erfüllen."

Informationen:
"Wir werden in der Treue zur Einzigkeit der Kirche Christi suchen, das besser kennenzulernen und aufzunehmen, was an Echtem und Annehmbarem sich in den verschiedenen von uns getrennten christlichen Bekenntnissen findet." Dieses Wort Papst Paul des VI, gesprochen zur Eröffnung der 3. Konzilsperiode des zweiten Vatikanums, kennzeichnet das Bemühen, das Verhältnis der Kirche zur modernen Welt neu zu ordnen.
Staatspräsident Charles de Gaulle beschloß mit seinem Streifzug über die Marne-Schlachtfelder seine Feiern für französische Großtaten in den beiden Weltkriegen.
In Reims brillierte der General mit einer Analyse der 50 Jahre zurückliegenden Ereignisse. Doch was nachwirkt ist das Schweigen des Politikers de Gaulle über die deutsch/französische Versöhnung, die vor nur zwei Jahren durch ihn und Konrad Adenauer in der Kathedrale von Reims besiegelt wurde. Zwei Jahre Freundschaft sind eben eine lange Zeit.
Deutsche Touristen bewiesen wieder einmal, wie stark ihr Bedürfnis ist, sich für gesamtdeutsche Belange einzusetzen. Ihre jüngst Tat: ein Ausflug an die Saale-Brücke bei Hof, die mit 5,5 Millionen bundesrepublikanischer D-Mark vom volkseigenen Baukombinat Magdeburg wieder aufgebaut wird.
Doch außer den Kosten leisteten westdeutsche Behörden einen zweiten Beitrag zum neuesten Brückenschlag zwischen Ost und West: eine Trennwand, sorgfältig gezimmert, 2 Meter 30 hoch, mit einer gewissenhaft verschlossenen Tür. Es bleibt abzuwarten, ob diese westliche Barriere nur die unpolitische Rolle eines gewöhnlichen Bauzaunes spielen wird.
In Köln richteten sich unsere Kameras auf zwei Sonderzüge mit mehr als 1100 spanischen und portugiesischen Gastarbeitern. Wie kein anderes europäisches Industrieland ist die Bundesrepublik mit ihren mehr als 600.000 freien Stellen auf sie angewiesen. Doch bei Armando Rodriges - dem millionsten Gastarbeiter- stießen die Ehrungen der Arbeitgeberverbände und ein Moped mit zwei Plätzen - gewissermaßen zum Eingewöhnen in Deutschland - vorerst auf Unverständnis. Offenbar hat der Neuling noch nicht begriffen, daß er und seinesgleichen für den deutschen Wohlstand unentbehrlich geworden sind.
Ich bin immer wieder erstaunt, was so ein Mensch alles aushält. Die Bayern zum Beispiel strapazieren ihre Mittelfinger. Die Catcher ihren ganzen Körper. Und die Kunstkraftsportler erreichen das kaum Glaubliche durch eisernes Training.
Die meisten Menschen vergessen jedoch, daß sie weder Bayern, noch Catcher, noch Akrobaten sind. Immer wieder versuchen sie, ihre Umwelt vom Gegenteil zu überzeugen.
Hier, könnte man natürlich auch auf die Idee kommen, eine Leiter zu benutzen. Doch ein Akrobat, der noch keiner ist, nutzt eben jede Gelegenheit zum Training. Üben Sie ruhig - üben Sie ruhig weiter.
Denn bei mir liegen Sie richtig!

Sport:
Ein Bild friedlicher Eintracht zwischen Sport und Politik eröffnete den Empfang der deutschen Olympia-Teilnehmer durch Bundeskanzler Erhard. Er prüfte das repräsentierende Äußere, ermutigte, was zweifellos Not tut und verabschiedete die Mannschaft mit einem Wunsch, der wohl vielen Sportbegeisterten auf dem Herzen gesprochen ist. -
"Wenn es auch beim Sport so ist - insbesondere bei der Olympiade - daß man sagt: "dabei sein ist alles", das wird Sie, wie ich hoffe, nicht hindern, auch die eine oder andere Medaille mit nach Hause zu bringen. Also, gute Reise,"
Doch den deutschen Leichtathleten wird bei dem Gedanken an Tokio nicht gerade wohl zumute sein, denn der letzte olympische Test - der Kölner Länderkampf gegen Polen - zerstörte auch die Hoffnungen der wenigen übriggebliebenen Optimisten. In 15 von 20 Wettbewerben mußte sich die deutsche Mannschaft geschlagen geben. Der polnische Rekordwerfer Sidlo erreichte 80 Meter 59.
Das vorläufige Ende deutschen Sprinter-Ruhms besiegelte die ganz in weiß laufende 4 x 100 m Staffel. Nach den ersten mäßigen Wechseln führten die Polen mit 2 Meter Vorsprung, und nur die nahezu geglückte Übergabe an Obersiebrasse und sein Endspurt auf der Zielgeraden ließ den Abstand auf 50 cm zusammenschmelzen.
Die Polen aber stellten ihren Rekord ein und gewannen mit 39,5 Sekunden.
Zu den fünf deutschen Athleten, die den Kölner Zuschauern einen Sieg bescherten, zählt Hinrich John. Seine Zeit über 110 m Hürden: 14, 1 Sekunden.
Auch im Stabhochsprung begnügte sich die polnische Mannschaft mit dem zweiten Platz. Sokolowski übersprang 4 Meter 80. Der Sieger, Klaus Lehnertz, erzielte mit 4 Meter 90 persönliche Bestleistung.
Das Gesamtergebnis: 122 zu 89 Punkte für Polen. Ein böses Omen für die deutsche Olympia-Mannschaft.

Veröffentlichungsdatum:

15.09.1964

Produktionsjahr:

1964

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Jürgens; Pahl, Georg; Vlasdeck, Willy; Wiers, Hindericus; Arndt

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Pathé Journal; Gaumont; Incom

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch